Aktuell und für die betroffenen Völker einheimischer Ameisen hilft allenfalls ein Aufenthalt im Kühlschrank oder eine sonstige Kühlung, bis es draußen wieder kälter wird.
Das Folgende dient nur als Versuch einer Erklärung:
Die Toleranz für bestimmte jahreszyklische Klimaverläufe (lange Winter – kurze Winter; milde vs. strenge Winter; lange heiße Sommer vs. immer wieder durch Kälteperioden unterbrochene Sommer usw.) ist sicher genetisch begründet.
In jeder Generation werden die an einem bestimmten Ort ansässigen Völker (Koloniegründungen) durch die lokalen Klimaverläufe „getestet“, ausgelesen, selektiert!
Eine
Das kann bei sich rasch änderndem Klima auch umkehrbar sein. Allerdings nicht bei ein- und demselben Volk! (vgl. derzeitige Klimaerwärmung, der vielleicht auch wieder eine Abkühlung folgt; man kennt solche Schwankungen über ein paar Jahrzehnte hinweg).
Bekanntlich gibt es einige Ameisenarten, die von der Ostseeküste bis ins Hochgebirge verbreitet sind, von Meereshöhe null bis auf 2.000 und mehr Meter. Alle Populationen sind mehr oder weniger gut an das jeweilige Lokalklima angepasst.
Wenn Eure Ameisen z.B. aus dem Mittelgebirge stammen, so haben sie dort auch im Moment keine Probleme. Hat man sie aber ins Flachland oder in eine der bekannten Wärmeinseln (Oberrheingebiet als Beispiel) verkauft, sind sie nicht an die frühwinterliche Wärme angepasst und reagieren „falsch“, indem z.B. das Brutgeschäft in Gang kommt. – Hätte man sie freigesetzt, wären sie jetzt wahrscheinlich dem Untergang geweiht. Hätte man sie vor 2 oder 3 Jahren freigesetzt, hätten sie vielleicht bereits für unangepassten Nachwuchs gesorgt, so dass auch ihre Nachkommen gefährdet wären. Hier kommt das Stichwort „Intraspezifische Homogenisierung“ ins Spiel.
In jeder Generation, ja in jedem Jahr, geraten Jungköniginnen von den Randbereichen einer Population in bisher von der Art nicht besiedelte Bereiche. Bringen sie zufällig eine Toleranz für die dort herrschenden Bedingungen mit, kann die Art ihr Verbreitungsgebiet ausdehnen, in das bisher unbesiedelte Gebiet „einwandern“. Evtl. aber nur für ein paar Jahre: Ein oder einige wenige Extremjahre werden sie wieder zurück werfen.
Das darf man sich auch nicht falsch vorstellen: Die Ameisenart „wandert“ nicht (ganze Völker mit Stock und Hut Richtung Norden, ). Nur junge
– Ich weiß, das ist jetzt schon wieder viel Text, aber irgendwie möchte ich eine Vorstellung davon erwecken, was in der Natur wirklich so vorgeht.
Um noch einem verbreiteten Denkfehler vorzubeugen: Es ist nicht EIN Gen, das für Anpassung zuständig ist. Eher ist es ein ganzer Schwarm von Genen; auch z.B. unsere Haar-, Haut- und Augenfarbe variiert dank einer ganzen Anzahl von Genen. Die Mischung macht’s, bei den Ameisen und anderen Tieren auch hinsichtlich Anpassung an Klimaverläufe!
Auf dem Hintergrund dieser Kenntnisse kann man dann vielleicht auch verstehen, warum es für die Haltung von Ameisen wichtig ist, ihre Herkunft zu kennen, je genauer, desto besser. Es macht eben gerade zurzeit einen Unterschied, ob eine Kolonie Camponotus ligniperda aus 800 m im Bayerischen Wald stammt, oder aus 200 m am Rand des Pfälzer Waldes, ob aus MeVo oder aus dem Spessart. – Die Angabe „aus Mitteleuropa“ ist ebenso wenig hilfreich wie die Angabe des Verbreitungsgebietes der ganzen Art. Aber dieseMahnung ist ja nichts Neues....
mfG,
Merkur
EDIT und Ergänzung (30.11., 9:25):
Mir ist noch etwas Wichtiges eingefallen.
Eine Jungkönigin kann genetisch bestens an ein lokales Klima angepasst sein. Ihre Kolonie kann dennoch scheitern, wenn sie eine Mesalliance mit einem Männchen eingegangen ist, das „schlecht angepasste“ Gene übertragen hat: Alle Arbeiterinnen tragen diese Gene in sich und können damit den Arbeiterinnen der besser angepassten Nachbarkolonien unterlegen sein. Man muss dabei bedenken, dass weisellose Völker mancher Arten oft zahlreiche Männchen (Söhne von Arbeiterinnen) aufziehen. Das ist eines der Risiken für die heimischen Völker bei Freisetzung von Völkern unbekannter Herkunft, oder auch bei Freilassung von Männchen aus dem Formikar.
Manche Ameisenarten können solche Effekte teilweise ausgleichen, indem die
PS: Ich bedanke mich für mehrere positive Bewertungen und Anmerkungen. Es freut mich, dass auch ein solcher längerer Text gelesen und aufgenommen wird.