Formica-sanguinea-Haltungsbericht


Die Formica sanguinea-Königin wurde in einem geforsteten Waldstück einige Kilometer weg von zu Hause gefunden, wo ich mit dem Fahrrad hinfuhr, eigens für den Zweck, eine Königin dieser Art zu finden-->

http://www.ameisenforum.de/bestimmung-von-ameisen/43847-etwa-eine-formica-sanguinea-formica-sanguinea.html
http://www.ameisenforum.de/bestimmung-von-ameisen/43847-etwa-eine-formica-sanguinea-formica-sanguinea.htmlÃœber Formica sanguinea:
Formica sanguinea sind fakultative Sklavenhalter, d. h. sie unternehmen gelegentlich, meist im Sommer, Raubzüge auf Nester ihrer Hilfsart Serviformica fusca und rauben deren Brut, um sie in ihrem eigenen Nest großzuziehen. Wer von der Nestbevölkerung im Wege steht, wird dabei von den Räubern gerichtet. Allerdings sind Formica sanguinea nicht auf diese Raubzüge angewiesen, anders als z.B. Völker der Art Polyergus rufescens, die deswegen zu den obligatorischen Sklavenhaltern gezählt werden.

Diskussionsthread--> http://www.ameisenforum.de/meinungen-fragen-zu-den-haltungsberichten/43920-diskussion-zum-haltungsbericht-formica-sanguinea-von-clypeus.html#post294198

28.06.2011
Gleich am ersten Tag erhielt die Königin ungefähr 3 Stunden nach ihrem Fang ihre ersten Puppen. Es handelte sich um 8 Puppen aus meinem eigenen Formica-fusca-Volk, die ich eigens zu diesem Zweck entnommen hatte.
Die Königin war sehr unruhig, was allerdings kaum verwunderlich war, nach dem, was ihr bisher passiert war.

Zu Hause wurde sie der Box, in der sie transportiert worden war, entnommen und in ein präpariertes Reagenzglasnest, in dem bereits die 8 Puppen lagen, gelegt, das dann sofort mit einem Wattestück verschlossen wurde. Das Reagenzglas wurde dann in die Arena gelegt. Die Königin lief nun aufgeregt umher und suchte zu entkommen und sich aus dem Reagenzglas zu befreien. Schließlich wurde die Königin ruhiger. Nach ungefähr 20 Minuten packte sie die erste Puppe und brachte sie ins hintere Reagenzglas. In recht unregelmäßigen Abständen geschah dies nun auch mit dem Rest der Puppen.

29.06.2011
Die erste Arbeiterin ist geschlüpft. Sie ist noch nicht ausgehärtet und verträgt sich sehr gut mit der Königin.

Abends bin ich in den Wald gefahren und habe einem sehr großen Formica-fusca-Volk ungefähr 20 Puppen und Larven entnommen, die dann in der Arena teilweise in das Reagenzglas geschoben und teilweise vor der Arena abgelegt wurden.

Die Königin zeigte wieder eine sehr starke Unruhe. Sie lief aufgeregt im Reagenzglas hin und her, ebenso ihre erste Arbeiterin; schließlich mussten die Gerüche, die von der Brut und dem mitgebrachten Nestmaterial, das aus Nadeln bestand, sehr intensiv auf sie wirken, ebenso der Umstand, dass die Abdeckung des Nestes zur Beobachtung abgenommen worden war. Sie lief nun zwischen den Puppen und dem Ende des Reagenzglas hin und her und ungefähr 20 Minuten lang tat sich kaum etwas- bis die Königin die erste Puppe aufnahm und nun begann, den Rest der Brut im 5-Sekunden-Takt hinten ins Reagenzglas zu verfrachten. Dabei verließ sie auch das Nest, um die vor dem Eingang befindlichen Puppen ebenfalls aufzusammeln. Nachdem sie mehr als die Hälfte der Brut eingesammelt hatte, deckte ich das Nest wieder zu und beendete meine heutige Beobachtung.

Video (sehr schlechte Qualität):
http://www.youtube.com/watch?v=GiTBqrZ3wlg

Bilder:
1. Die Königin vor dem Nest.

30.06.2011
Sicherlich ist einigen die große Puppe in dem Video aufgefallen- sie ist nun geschlüpft und hat sich als männliches Geschlechtstier entpuppt. Da mir ihr Aufenthalt im Nest des Volkes logischerweise nicht sinnvoll erschien, habe ich sie vorsichtig mit einer Pinzette entnommen und meinen Tetramorium-sp. zur Nahrung gegeben.

Sonst sind heute 2 weitere Arbeiter geschlüpft. Ich konnte die Königin und eine Arbeiterin bei der Trophallaxis erstmals beobachten (Fütterung von Mund zu Mund)

Bilder:
Die Königin mit der Arbeiterin nach Beendigung der Trophallaxis:

4. Juli 2011
Arbeiterinnen: 12
Königinnen: 1
Puppen : ca. 20
Larven: ca. 4
Eier: 0 (zumindest keine entdeckt)

Es schlüpfen recht viele Arbeiter- bisher sind es seit Haltungsbeginn vor ca. 1 Woche 12, was allerdings vermutlich auch der Menge der entnommenen Puppen zuzuschreiben ist.

Trotzdem beträgt die Außenaktivität immer noch gleich null, obwohl es bald mit dem Fouragieren außerhalb des Nestes losgehen sollte, da die größte Zahl der Arbeiter bereits ausgehärtet ist und die Königin- wegen ihrer sozialparasitären Gründungsweise und ihrer entsprechenden morphologischen Konstitution- nicht darauf eingestellt sein sollte, mehr als 10 Ameisen über einen längeren Zeitraum zu versorgen.

Ein entsprechendes Angebot vonseiten des Halters an Honig wurde aus diesem Grund noch nicht zur Verfügung gestellt, da ein Interesse offenbar nicht besteht- das selbe betrifft die Verfügbarkeit von Proteinen in Form von Mücken, Fliegen etc. . Im Volk gibt es zwar nach meiner Schätzung ca. 5 Larven, allerdings scheinen diese noch aus dem Sozialmagen des Volkes gefüttert zu werden.

5. Juli 2011
Arbeiterinnen: 12/13
Königinnen: 1
Puppen : ca. 20
Larven: ca. 4
Eier: 0

Auf den heutigen Tag hin sind keine weiteren Arbeiter geschlüpft, auch wenn eine der Nacktpuppen einen genügend starken Braunton vorweist, das ich davon ausgehe, das ihr Schlumpf heute nacht vonstatten gehen wird. Das Nest wurde immer noch nicht auch nur ein einziges Mal verlassen.

7. Juli 2011
Arbeiterinnen: 18
Königinnen: 1
Puppen : ca. 20
Larven: ca. 4
Eier: 0

Von einem Tag auf den anderen sind weitere 6 Arbeiter geschlüpft. Ich gehe davon aus, das ich die Zahl der Puppen zu niedrig eingeschätzt habe- ich gehe davon aus, das also immer noch 20 Puppen im Nest befindlich sind.

Allerdings haben sich mir etwaige Blicke ins Nest dadurch erschwert, das die Ameisen in den letzten 2 Tagen deutlich stressanfälliger geworden sind- sie reagieren verstärkt auf das Abnehmen der Nestabdeckung sowie Erschütterungen und reagieren mit aufgeregtem Herumlaufen sowie dem Greifen und Tragen der Puppen. Fotos sind mir aus diesen Gründen leider keine guten gelungen, da die Ameisen auf ihnen immer wieder in Auflösung begriffen sind und ich schnell wieder das Nest zudecken muss, da ich eine Vergrößerung der Unruhe vermeiden möchte.

10. Juli 2011
Arbeiterinnen: ca. 20
Königinnen: 1
Puppen : ca. 15
Larven: 0
Eier: 0
Seit dem letzten Update vor 3 Tagen wurden 2 Arbeiterinnen rausgeworfen.
Letztere entdeckte ich am 8. Juli- sie lag, mind. 15 cm vom Nest entfernt, in Puppenhaltung, zusammengekrümmt, ausgehärtet und tot danieder.
Die zweite, ebenfalls ausgehärtete Arbeiterin entdeckte ich am nächsten Tag. Anders als die erste Ameise war diese allerdings noch am Leben und zappelte hilflos mit den Beinen herum, unfähig, eine Verbesserung ihrer Lage zu erwirken. Mit ihren unteren Beingliedern stimmte etwas nicht, wie sofort zu erkennen war. Es schien mir so, als ob ein Teil des Puppenmaterials mit ihren hinteren Extremitäten verwoben wäre, und es gelang mir nicht, sie von ihrem Problem zu befreien. Ich sah mich daher gezwungen, sie zu töten und an die Tetramorium zu verfüttern.

Dieses Geschehnis brachte mich zu einer Erkenntnis- ich kam auf den Gedanken, dass es vielleicht der unsanfte Transport war, der die Puppen beschädigt und somit diese Fehlgeburten verursacht hatte. Schließlich ist eine Fehlgeburtenquote von 10% bei Einhaltung der richtigen Haltungsparameter unüblich, auch wenn es sich um ein junges Volk handelt, möchte ich meinen. Natürlich ist es nur eine Vermutung.

Dieser Vorfall wird mich trotzdem davon abhalten, falls ich wieder einen Bruttransport vornehmen sollte, diese so unsanft zu transportieren, wie es vordem der Fall gewesen ist.

Nun zu Erfreulicherem: Es sind 2 bis drei Arbeiter geschlüpft, die Kolonie ist jetzt über 20 Ameisen groß. Die Ameisen haben einen kurzen und bis jetzt einmaligen Streifzug unternommen, bei dem ich sie auch beobachten konnte. Das bereits Arbeiterinnen rausgebracht werden, wie oben beschrieben, zeugt davon, dass die Ameisen das Nest sicherlich bereits mehrmals verlassen haben.

Ich stellte den zwei fouragierenden Ameisen ein wenig Honig auf einem Plättchen zur Verfügung- und sie nahmen dann zum ersten Mal im Kolonieleben diese für sie so kostbare Flüssigkeit ein.
1. Hilfsameisen von Formica fusca nehmen Honig ein.


Zum Schluss noch einige Nesteinblicke:
Leider kommt es bei meiner Kamera mit bescheidenen Mitteln bei der Qualität von Makrofotos darauf an, dass ich besonders viele Fotos mache, von denen ich dann die besten auswähle. Allzu viele kann ich allerdings nie machen, da die Ameisen bei etwaigem Lichteinfall ins Nest Panikerscheinungen zeigen.
1.

2.

3.

4. Nacktpuppen werden bei Formica fusca besonders häufig in den warmen Sommermonaten gebildet. Auf diesem Foto sind sie markiert.