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Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate bei Messor barbarus

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
Alimato
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#1 Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate bei Messor barbarus

Beitrag von Alimato » 3. September 2011, 14:54

Hi

ich wollte hier mal ein Phänomen ansprechen, welches ich sowohl bei meiner gegenwärtigen M. barbarus Kolonie beobachtet habe, als auch bei einer Kolonie die ich vor einigen Jahren hielt.

Nämlich einem, zumindest gefühlten, Kausalzusammenhang zwischen „erhöhter“ Protein Zugabe und einem vermehrten Sterben der Arbeiterinnen.

Obwohl ich das gleiche auch schon vor einigen Jahren bei einer anderen Kolonie M. barbarus beobachten konnte und schon damals diesen Zusammenhang zu erkennen glaubte, tat ich letztlich die These als Unsinn ab.

Letztens musste ich allerdings daran denken und hab mal einen kleinen Versuch unternommen.


Kurz Zusammenfassung:
Die Kolonie ist ca. 200-300 Individuen stark mit sehr viel Bruteinheiten(würde fast behaupten, dass zurzeit viel mehr Bruteinheiten als Arbeiterinnen vorhanden sind.) und pro Saison beträgt die Sterberate im Schnitt 5% (zumindest ungefähr). Diese Saison waren es, jenseits meines Versuches, bisher 9 Tote. Normalerweise bekommen meine M. barbarus 1 bis maximal 2 mal die Woche einen bis zwei Mehlwürmer und ähnliches. Klingt nicht viel, ist es auch nicht. Da sie allerdings genug Körner aller Art zur Verfügung haben und auch entsprechend viel Ameisenbrot herstellen erscheint mir dies aber als ausreichend. Genaugenommen muss es ausreichen, denn wenn ich mehr Insekten zufüttere beginnt das große Sterben.


Der Versuch:
Also habe ich vorletzte Woche die Proteinzugabe an einem Tag drastisch erhöht. Insgesamt 15 Mehlwürmer, 3 Stubenfliegen, eine große Winkelspinne und ein Regenwurm.
Alles bis auf den Regenwurm wurde eingetragen.
Tatsächlich hatten sie scheinbar einen solchen Kohldampf auf Proteine, dass ich mich schon in der Rolle des Tierquälers gesehen habe, der seine Kolonie an der viel zu kurzen Protein-Leine hält.
Also habe ich auch am folgenden Tag nochmal 5 Mehlwürmer und eine Stubenfliege angeboten, wobei diesmal scheinbar nur die Stubenfliege von Interesse war, die Mehlwürmer wurden zwar umhergetragen aber nicht ins Nest verbracht.


Das schlechte Gewissen die Kolonie nicht mit genug Insekten versorgt zu haben, ist aber in den nächsten Tagen schnell gewichen. Schon am 2 Tag nach der (Über-)Fütterung waren die ersten beiden Toten zu beklagen. In den darauf folgenden 4 Tagen starben weitere 9. Dann hörte das sterben wieder auf. Also in 6 Tagen 11 Tote.


Es sind also in eine Woche ungefähr so viele Ameisen gestorben wie bei dieser Koloniestärke üblicherweise in einer Saison.

Natürlich ist dieser Versuch so nicht repräsentativ und meine Angaben zur Sterberate(und Umfeld) sind ebenfalls nicht exakt ermittelt.

Allerdings ist doch eine solche Anhäufung von Todesfällen innerhalb einer Woche nach „erhöhter“ Proteinzugabe nur schwerlich als Zufall abzutun.

Hat das auch schon mal jemand erlebt, gibt es gar eine bekannte Erklärung für dieses Phänomen?

Lg
Alimato



Fourmie
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#2 AW: M. barbarus (Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate)

Beitrag von Fourmie » 3. September 2011, 15:16

Hi,

Die interessante Frage ist ob die Kolonie trotz deiner Proteinzugabe und eine damit verbundene höhere Sterberate in eine Saison mehr Nachkommen produzieren kann als wenn du ihnen einer "Proteindiät" unterziehst.

Mann müsste ein paar Kolonien gleichzeitig aufziehen.
Die eine Hälfte mit wenig Proteinzugabe,
die andere Hälfte mit überschüssiger Proteinzugabe.

Mfg Marcel



Alimato
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#3 AW: M. barbarus (Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate)

Beitrag von Alimato » 3. September 2011, 15:35

@Fourmie
Ja aber diese Frage kommt erst viel später.
Zuerst geht es darum ob es überhaupt einen Zusammenhang zwischen Futter und Sterberate gibt. Auch wenn sich das Ergebnis mit meinen sonstigen Beobachtungen deckt, gibt es immernoch eine vielzahl anderer möglicher Erklärungen für den scheinbaren Zusammenhang.

Ich saug mir mal schnell nen blödsinn aus den Fingern als Beispiel: Stell dir vor, dass Messor barbarus bei geringer Proteinzufuhr ihre eigenen Toten verwerten würde, dann würde man kaum Tote in der Arena finden, bekämen sie dann wieder ausreichend Proteine würden sie ihre Toten wieder rausbringen und es erschiene so als ob die Sterberate plötzlich anstiege.

Ist zwar quatsch aber zeigt das es nicht unbedingt einen Zusammenhang zwischen Proteinen und Sterberate geben muss.

Würde mich aber interessieren, ob es eine plausieble Erklärung gibt.

Lg
Alimato



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#4 AW: Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate bei Messor barbarus

Beitrag von Fourmie » 3. September 2011, 15:39

Ist kein Quatsch was du da sagst.
Aber halt auch "nur" ne These.

Ich seh mal vielleicht find ich was in einem Buch.

Lg



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#5 AW: Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate bei Messor barbarus

Beitrag von Boro » 3. September 2011, 21:40

Hallo Alimato!
Meine Messor barbarus-Kolonie ist schon einige Jahre alt und ich habe in der Vergangenheit einige Male verzweifelt über die Bevölkerungsexplosion berichtet! Meine Messor bekamen kaum jemals Proteine und seit einem Jahr garnichts mehr. Ich hoffte damit das Wachstum einzudämmen, allerdings ist alles ganz anders gekommen:
1. Das Wachstum des Volkes geht weiterhin rasant vor sich.
2. Sie sammeln wie verrückt alle möglichen Samen und zwar v. einheim. Wiesenpflanzen und -kräutern (z. B. Löwenzahn, Wiesengräser, Breit- u. Spitzwegerich, Nachtkerze, Klee, Veilchen usw. )
3. Inzwischen rühren sie probeweise angebotene frischtote Insekten nicht mehr an.
Ich komme somit zum Schluss, dass diese Messor-Art kein tierisches Eiweiß benötigt.
L.G.Boro



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#6 AW: Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate bei Messor barbarus

Beitrag von Fourmie » 4. September 2011, 13:03

@boro

aus wissenschaftlicher Sicht aber bedeutet dies gar nichts im bezug auf die Koloniegröße
Das sie Proteine nicht zwingend brauchen wissen wir.

Aber es ist nicht geklärt ob eine Kolonie sich mit dauerhafter Proteinzugabe schneller entwickelt als ohne....

lg



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#7 AW: Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate bei Messor barbarus

Beitrag von Attafive » 4. September 2011, 13:19

Grüezi Boro !

Zu Deiner Pflanzensamenliste darf ich vielleicht noch folgendes anfügen: Vor "-zig" Jahren führte ich ja Felduntersuchungen über den Samentransport durch Ameisen durch und ermittelte damals 27 Ameisenarten, die insgesamt an der Verbreitung von 112 myrmeochoren Pflanzensamenarten, verteilt auf 55 Gattungen, beteiligt waren. Dabei beschränkte ich mich auf die Gebiete im und rund um den Nationalpark (Kt. Graubünden) und im ""wohnnahen"" Mittelland (inkl. Wälder) in den Höhenlagen von 560 - 2140 m. Natürlich interessierten sich die Ameisen vorwiegend auf die Anhängsel, Elaiosome ! - Dabei stellte ich u.a. für Messor structor fest: Cytisus scoparius (= Besenginster) und Lamium amplexicaule (= Rundblättrige Taubnessel). [Im "alten" Forum hatte ich damals etwas darüber berichtet !].

@Alimato: Deine Beobachtung am Messor-Nest dürfte möglicherweise darauf beruhen, dass Messor sp. nicht umsonst "Ernteameisen" genannt werden, die zwar vornehmlich Kohlehydrate durch die eingetragenenen Körner konsumieren, und nur gelegentlich zum Proteinbedarf auch ""Frischfleisch"" zum Verzehr fouragieren: nach Beobachtungen von H. Kutter et al. pro Woche etwa eine bis zwei kleine Fliegen. Fazit: ich vermute, dass Deinen Messor-Arbeiterinnen diese einseitige Ernährung nur mit Fleischhappen darum nicht sonderlich bekommen ist (Mangelernährung !).

Dazu vielleicht noch dies: E.O. Wilson & T. Eisner publizierten 1952 (Insectes Sociaux, IV/2 p. 157-166) einen interessanten Bericht über ihre Experimente über die "Verteilung von Nahrung im Ameisennest", durchgeführt an sechs Ameisenarten. Sie kamen dabei zum Ergebnis, dass vorwiegend die Arbeiterinnen, artspezifisch mehr oder weniger schnell, spätesten aber nach 30 Stunden, mit dem markierten Honig verköstigt wurden, während die "Königinnen und Larven, wenn überhaupt, nur minimale Mengen bekamen".

Vieleicht trägt das ein kleines Stück zur Diskussion bei !

Grüsse Ryk



Alimato
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#8 AW: Zusammenhang zwischen Proteinzugabe und Sterberate bei Messor barbarus

Beitrag von Alimato » 4. September 2011, 14:17

@Boro
Danke für deine Eindrücke,
diese decken sich auch mit meinen Erfahrungen bei meiner ersten Kolonie (ab dem zweiten/dritten Haltungsjahr---Bevölkerungsexplosion trotz geringer Proteinzugabe)

Allerdings hat meine momentane Kolonie von Anfang an regelmäßig Proteine angeboten bekommen und im Grunde hat sie sich zumindest nicht merklich anders entwickelt als meine erste Kolonie.

Im ersten Jahr(2009) stagnierte die Entwicklung und ich befürchtete schon das ich die Kolonie nicht durchbringen kann.
Im zweiten Jahr(2010) stabelisierte sich die Population bei mäßigem Zuwachs.
Das dritte Jahr(2011) stetiger aber immernoch moderater Anstieg der Individuenanzahl, wobei jetzt gegen Ende der Saison soviel Bruteinheiten vorhanden sind, dass wenn nur die jetzt vorhandenen Eier, Larven und Puppen sich fertig entwickeln, die Koloniegröße sich verdoppeln, wenn nicht verdreifachen, würde.
Prognose: Im vierten Jahr gibt es eine Bevölkerungsexplosion.

Tatsächlich glaube ich, weder daran, dass M. barbarus auf extra Proteine angewiesen sind, noch dass man durch Proteinzugabe oder Proteinentzug besonders großen Einfluss auf das Koloniewachstum nehmen kann.
Hat eine M. barbarus Kolonie die Gründung erstmal überstanden, heißt es Platz bereit stellen, denn ab jetzt wird sie wachsen und wachsen.

Warum ich dennoch regelmäßig Proteine anbiete, begründet sich in meiner Vorstellung das M. barbarus zwar eindeutig keine Jäger sind(eher Angsthasen), allerdings in der Natur dann und wann über ein totes Insekt stolpern und dies dann eintragen und ich gehe davon aus, dass dies in der Natur häufiger vorkommt als einmal die Woche. Deswegen biete ich wenigstens einmal die Woche eins bis zwei Insekten(meist Mehlwürmer) an, im glauben dadurch ein Stück Natürlichkeit in den Koloniealltag einzubringen.

Die Frage die mich beschäftigt Zielt also nicht auf die Beeinflussung des Koloniewachstums durch Regulierung des Proteinhaushaltes ab,

sondern

welchen unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang, zwischen erhöhter Proteinzugabe und dem direkt im Anschluss erhöhten erscheinen von Toten in den Arena ,gibt es?


Da scheinbar keiner bislang die gleichen Beobachtungen gemacht hat und ich langsam glaube, dass ,obwohl unwahrscheinlich, die zwei Kausalketten Füttern und Sterben der Arbeiterinnen sich doch nur zufällig gekreuzt haben,;-jedes mal-.;
Könnte vielleicht jemand von euch der eine ausreichend große M. barbarus Kolonie hat, sich nicht mal den Spaß erlauben und der Kolonie entsprechend ihrer Größe eine riesige Menge Proteine anbieten und beobachten ob er/sie in den folge Tagen mehr Tote in der Arena findet als sonst üblich und die Beobachtungen hier mitteilen.

Lg
Alimato

Edit:@Attafive
Das wäre zwar eine Erklärung(Mangelernährung) aber es ist ja nicht so dass die Kolonie ihre Kornkammern ignoriert und das Herstellen von Ameisenbrot einstellt. Sie haben also noch ihre eigentliche Nahrung somit immer verfügbar, die Proteine kommen ja lediglich hinzu.



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