Ameisen unter Wasser!

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#1 Ameisen unter Wasser!

Beitrag von Imago » 29. Oktober 2011, 10:02

Hallo Forengemeinde!

Ich habe in den letzten Monaten einige Beobachtungen machen können, die mich doch sehr erstaunt haben. Diese Beobachtungen konnte ich bei Messor spec. aus dem Orient Fundort nähe Türkei machen, sowie bei Camponotus fellah aus Afrika und bei Myrmica ruginodis aus Niedersachsen/ Göttingen.

Camponotus fellah, wie Messor spec. leben bei mir in identischen Nestern. Es handelt sich um stehende Ytongnester mit jeweils einem Wassertank oben.

Öfters befinden sich Ameisen in der Vertiefung (dem Wassertank), wenn kein Wasser drin ist. Wenn ich Wasser hineingebe flüchten die Damen natürlich. Manchmal bleibt eine Ameise im Tank, wenn sie es nicht schnell genug schafft hinaus zu kommen.

Erst ist mir dies mit meinen Messor passiert und dachte: Hoppla, Rettungsaktion erforderlich!

Aber falsch gedacht. Die Ameise bewegte sich wie selbstvertsändlich laufend durch das Wasser. Die Arbeiterin müsste eigentlich jegliche Orientierung verlieren und/ oder in Panik geraten.

Aber es passierte nichts. Die Wassertamperatur betrug mit Sicherheit weniger Grad als die Zimmertemperatur. Die Ameise lief ganz normal durch das Wasser. Verweilte dann ca. 3min. auf einer Stelle. Lief weiter durch den Tank (er ist ca. 10cm lang 2,5cm tief und 2cm breit) durchstieß die Wasseroberfläche und lief ganz normal weiter.

Die Camponotus fellah Arbeiterin, welche wesentlich größer ist und sich viel schneller bewegen kann, lief auch scheinbar mühelos durch das Wasser, auch hier völlig unbeeidruckt. Selbstsicher, ohne jegliche Züge von Panik oder Herumirren. Kein Gasterklopfen. Als wäre das Wasser gar nicht vorhanden. Kein Herumirren, sie legte ein völlig normales Verhalten an den Tag. Dann durchstieß sie nach einiger Zeit die Wasseroberfläche, auch ohne Anstrengung und ging ihrer Arbeit nach.

Für mich eine sehr interessante Beobachtung. Und ich hätte ganz andere Reaktionen erwartet. Beide Tiere völlig verschiedener Arten verhielten sich gleich. Die Camponotus fellah stammen laut WOA aus Afrika, also eher trockene Regionen.

Nun und meine damalige Myrmica ruginodis Kolonie hab ich auch mal versehentlich geflutet in der Farm. Auch diese retteten die Brut mehr oder weniger unbeeindruckt aus dem Wasser mittels tauchgängen. Alle Arten bewegten sich laufend nicht schwimmend fort!

Kann es nun sein, das Ameisen evtl. aufgrund von Nestüberschwemmungen allgemein gut mit solchen Situationen zurecht kommen?

Die Orientierung dürfte ja für die Tiere stark eingeschränkt sein, ich konnte aber bei keinem Tier Orientierungslosigkeit feststellen. Die Myrmica rugindis fanden ihre Brut ja auch unter Wasser und brachten sie ins Trockene!

Konntet ihr so etwas auch schon beobachten, oder habt evtl. nähere Informationen darüber?

LG Imago



Cephalotus
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#2 AW: Ameisen unterwasser!

Beitrag von Cephalotus » 29. Oktober 2011, 10:32

Hallo Imago,

in meinen Becken flute ich eigentlich nur 2 Wassertanks, während Ameisen drin sitzen:
Myrmecia, die natürlich nicht untergehen, sondern sofort wegsprinten, aber direkt umdrehen, um den Wasserstrahl aggressiv zu attackieren, und Messor arenarius. Diese verhalten sich ähnlich wie von dir beschrieben. Jedoch geht nicht jede Sofort unter. Manche befinden sich nur halb unter Wasser, während nämlich ein Teil ihres Körpers, oft der Gaster, zu bestimmt 80% oberhalb bleibt. Ich führe das auf die Behaarung zurück, die zwischen den Häärchen Luft manifestiert, sodass die leichten Insekten nicht untergehen. Wie die arenarius sich meistens bewegen, nämlich sehr behäbig und langsam, so bewegen sich sie auch im Wasser. Auch aus dem Wasser hinaus, wie du es beschreibst.
Weiterhin beobachte ich tatsächlich, wie andere Ameisen am Rand versuchen, die im Wasser befindlichen zu "retten". Das geschieht aber nur, wenn die im Wasser befindliche Ameise direkten Kontakt mit einer außenstehenden hat/te. Messor sind ja bekanntlich nicht mit sonderlich guter optischer Wahrnehmung gesegnet, dazu braucht es schon Fühlerkontakt.

Vergangenheit:
Messor barbarus Tankflutung:
Gemäß ihrer sonstigen Charakteristik bei Ungewöhnlichem geraten sie sehr in Panik. Ist eine Ameise am Grund, also weit unter Wasser, bewegt sich sie nur noch ganz langsam, ertrinkt evtl. Sie kommen nicht so gut mit Wasser zurecht.
Aphaenogaster Erdnestflutung:
Unzerstörbare Biester! Auch tief unter Wasser laufen sie ruhig gen Wasseroberfläche undhelfen einander vor dem Ertrinken. Letzteres Verhalten ist sehr ausgeprägt. Ich habe mal eine Farm geflutet, um sie dort rauszubekommen, langsam aber stetig bis oben hin am Ende. Die Arbeiterinnen sind so weit gegangen und haben ertrinkende Arbeiterinnen und Brut bis kurz unter die Oberfläche gerettet, sind also aktiv ins Wasser, wenn sie es mussten. Es wurde erst aufgehört, als alles gerettet war. Ich konnte dieses Verhalten währen der gesamten Flutung (etwa 4-5 Stunden) mehrmals beobachten.

Bleibt also die Frage, inwieweit Ameisen aktiv oder unterbewusst die Tracheen schließen können, wie lange sie ohne(?) Sauerstoff auskommen, ob sie aufgrund des Stresses nicht doch binnen der nächsten Zeit selbiges segnen. Denn: Wespen fühlen sich im Wasser nochmal deutlich unwohler, wenn ich das so sagen darf. Die direkten Vorfahren ertrinken oftmals im Wasser, weil sie laut meinen Beobachtungen einfach nicht vorwärts kommen. Kann sich eine Wespe (auch Biene oder Hummel) dennoch irgendwie retten oder wird gerettet, kann man beobachten, dass nach einer kurzen(!) Trocknungszeit, die an den Flügeln durch "Trockenschlagen" dieser beschleunigt wird, wieder abheben und weiterleben.

Aber wir können das Thema noch deutlich ausweiten. Auch Käfer, Würmer, Raupen, die kurzzeitig unter Wasser sind (Regenwürmer auch viele Minuten), leben danach unbehellig weiter. Was die Fortbewegung und damit einhergehende Rettung angeht, unterscheiden sich die einzelnen Tiere entsprechend ihres Körperbaus natürlich erheblich.

Viele Grüße
Ceph


C. largiceps (50+), Camponotus singularis (200+), Messor cehphalotes (600+), Pachycondyla impressa (1), Pachycondyla villosa (150+), Paraponera clavata (110+), Pheidole noda (500+)

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#3 AW: Ameisen unterwasser!

Beitrag von Imago » 29. Oktober 2011, 10:57

Hallo Ceph!

Nun da decken sich unsere Beobachtungen ja weitesgehend. Bei den Messor kann ich das Schwimmen komplett über Wasser auch noch aufführen. Die Gaster ist nach vorn geneigt, die Ameise befindet sich quasi in sitzender Position auf ihrer nach vorn geneigten Gaster und benuzt diese als eine Art Schwimmpolster. Mit den Gliedmaßen bewegt sie sich fort. Eine wirkliche zielstrebige Richtung ist nicht zu erkennen. In naher Umgebung erreichen sie nach einiger Zeit aber imer das Ufer, meist werden sie dort schon, wie Du beschrieben hast von einer Schwester erwartet.

Das Ganze sieht auch wirklich ein bißchen lustig aus :)

LG Imago



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kaputtinhollywood
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#4 AW: Ameisen unterwasser!

Beitrag von kaputtinhollywood » 29. Oktober 2011, 12:34

Imago hat geschrieben:Die Ameise bewegte sich wie selbstvertsändlich laufend durch das Wasser. Die Arbeiterin müsste eigentlich jegliche Orientierung verlieren und/ oder in Panik geraten.


Genau das tat auch eine F. sanguinea-Arbeiterin meiner Kolonie, als mir versehentlich ein Glas Wasser in der Arena auskippte.

Möglich, dass sich Ameisen von etwas Wasser nicht so leicht beeindrucken lassen, da sie sich in freier Natur häufiger mit gefluteten Gängen und Kammern arrangieren müssen.

Interessant auch die Schilderung im Seifert S. 306, Artenbeschreibung F. uralenis, nach der knapp 80% der Arbeiterinnen und 70% der Königinnen nach 2 Wochen unter Wasser überlebt haben sollen.

Grüße



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#5 AW: Ameisen unterwasser!

Beitrag von Cephalotus » 29. Oktober 2011, 15:25

Was mir noch eben einfiel:
Es gibt eine Symbiose einer Art mit einer Carnivore. Die Carnivore gehört zu den Kannenpflanzen auf Borneo, ist die größte Ihrer Art (gemessen an der Sprossachse, bis zu 20m lang) und heißt Nepenthes bicalcarata.
Die Ameisenart heißt Camponotus schmitzi. Diese winzigen Ameisen leben in Aushöhlungen der Pflanzenstengel, die sie selbst anlegen. Sie können die ultraglatten Flächen der Kannen belaufen, ohne abzurutschen. Fällt ein größeres Insekt in die Kanne und ertrinkt, gehen die Ameisen in die Flüssigkeit, die Verdauungsenzyme enthält, tauchen (bis zu 4 Min), können sich koordiniert unter Wasser fortbewegen, sowohl laufen als auch schwimmen und ziehen die Beute heraus und verwerten sie selbst.

Habe mich heute dran erinnert, dass in irgendeiner Doku das mal gezeigt wurde. In "Ameisen, die heimliche Weltmacht" ziemlich am Anfang wird diese Symbiose dargestellt. Es fällt sogar eine Camponotus gigas in die Nepenthes in der Szene ;-)

Grüße
Ceph


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#6 AW: Ameisen unterwasser!

Beitrag von Imago » 29. Oktober 2011, 20:51

Hallo Ceph!

Das kann ich bestätigen, ich klenne die Doku natürlich.

Hier noch mal ein Link:
Nepenthes bicalcarata in Symbiose mit Camponotus schmitzi
Wikipedia

Das möchte ich euch aber nicht vorenthalten. Ameisen der Gattung Solenopsis sind ja bekanntlich Floßbauer.

Hier in diesem Video sieht man wie stabil dieses Floß ist und wieviel Auftrieb es hat, aufgrund der Verbindung mit Luft zwischen den einzelnen Tieren.

Ab sek. 12 sieht man 2 Tiere kurz unter Wasser, sie laufen den Stab hinab. Dort sieht man gut, wie leicht sie sdurch das Wasserlaufen, rein optisch sieht man kein Unterschied zu dem Bewegungsablauf über Wasser!

Feuerameisenfloß/ Welt online

Außerdem wurde ich gebeten ein Video einzustellen. Ob das klappt kann ich nicht sagen, da ich nicht extra irgendwo ein Konto eröffnen möchte. Fotos werde ich aber demnächst hier posten, von einer über dem Wasser schwimmenden Messor, wie oben beschrieben.

LG Imago




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#8 AW: Ameisen unterwasser!

Beitrag von Imago » 6. November 2011, 13:55

Hallo!

Also ich habe versucht ein Video von dem Schwimmverhalten zu machen. Leider zeigen die Damen das Verhalten nicht, wenn man sie in das Wasser setzt.

Also habe ich noch mal auf meiner Kamera geschaut und ich hatte Glück. Ich habe noch Bilder der Paddeltur. Zwar sehr Schlechte aber es gibt welche.

Ich werde sie die Tage posten.

LG Imago



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