Ich bekomme das ALG II weil ich Vollzeit eine Angehörige pflege, die mich dafür leider nicht entlohnen kann.
Das Problem fängt doch schon damit an, dass man wenn man ALG II sagt - wie bereits erwähnt die korrekte Bezeichnung - teils schief angeguckt wird und sich sagen lassen muss, dass man beschönigen will, dass man Hartz-IV-ler ist.
Das sind dann auch genau die Leute, die wenn sie erfahren, dass ich "nichts anders mache" als zu pflegen nach neuen Argumenten suchen, warum das blöd ist: nämlich weil ich mich nicht selbst verwirkliche (wer sagt das eigentlich?), und im Unterton schwingt sehr deutlich mit, dass ich deshalb "eine von diesen Asozialen" bin.
Haushalte ich mit meinem Geld gut genug, um mir alle zwei Jahre einen Urlaub leisten zu können lebe ich wie die Made im Speck, wenn ich mit meinem Geld nicht auskomme, dann muss das daran liegen, dass ich es entweder für Alkohol und Kippen rausschmeiße oder sonstigen zweifelhaften Vergnügen damit nachgehe, und "der Steuerzahler" soll es dann bezahlen.
So oder so kann ich es - genau wie meine Haltung zu meiner Situation - nur falsch machen. Wenn du ALG II bekommst ist das so ein bisschen wie ein Judenstern. Gab es da nicht mal sogar genau diesen Vergleich in den Medien, weil eine Politikerin durchsetzen wollte, dass die Kinder von ALG II - Empfängern das in der Schule bekanntgeben müssen, damit Einschulungsgeld bezahlt wird?
Ach ja, der Plasmafernseher: Doch, ich denke wenn ich mir das Geld anderswo abspare, dann könnte ich mir einen leisten, und das finde ich auch gut so - also dass ich selbst noch entscheiden darf, wo meine Prioritäten liegen, und was ich mit dem Geld mache. Aber es ist nun einmal so, wenn man Wert auf mehr Luxus legt, dann braucht man einen Job, und auch das finde ich richtig.
Ich glaube viele Berufstätige spüren auch gar nicht so genau, dass sie (in den meisten Fällen zumindest), einen höheren Lebensstandart haben, als der durchschnittliche ALG II-Empfänger. Das macht sich ja auch oft nur in subtileren Dingen bemerkbar, die sich aber aufaddieren. Und dann sieht es leicht so aus, als könnte der nicht Arbeitende sich genauso viel leisten wie der, der sich krumm schuftet. Ich will dabei nicht die Tatsache schmälern, dass es inzwischen was Verdienste angeht teilweise wirklich schlecht aussieht (mein Nachbar verdient grade so viel, dass er nicht mehr ALG II braucht). Aber viele dieser Eindrücke entspringen meiner Meinung nach mehr asu Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, als aus tatsächlicher Missgunst. Aber heute darf man ja nicht mal mehr sagen: herrjeh, ich würde auch lieber auf der Couch gammeln. Nö, man muss stolz darauf sein, ein Arbeitstier zu sein, selbst wenn das nicht das ist, was man sich für sein Leben wünscht. Gleichzeitig dann aber darauf schimpfen, wie schlimm in Deutschland alles ist. Ein so gutes soziales Netz und Gesundheitssystem gibt es kaum irgendwo sonst!
Was Viele auch nicht wissen ist, dass doch Einiges die Leistungen der ARGE des Jobcenters betreffend im Ermessen des jeweiligen Sachbearbeiters liegt.
Ich wohne hier in einer kleinen DG-Wohnung, direkt auf der anderen Seite des Flures eine anders geschnittene Wohnung in gleicher Größe, Mietverträge und Nebenkostenformular wurden absolut gleich ausgefüllt, und mein Nachbar hat vorübergehend auch ALGII bezogen, aber während der ganzen Zeit fast 30 Euro weniger im Monat bekommen als ich.
Ich bin sehr für den Versuch "Bedingungsloses Grundeinkommen" (nicht bedienungslos
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Mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen würde mMn im Idealfall die Verantwortung für das eigene Leben auch wieder in die eigenen Hände gepackt - dahin wo sie hingehört, und zwar in Kombination mit einem sozialen Netz.