Moin aus dem schönen Schleswig-Holstein
Wer meinen Thread (ameisenwahl-mit-weiten-wegstrecken-t54932.html) eventuell mitverfolgt hat, wird die Vorgeschichte zu meiner Wahl der Polyrhachis dives kennen. Ein herzliches Dankeschön hier erstmal an die beiden User die mich dort und auch darüber hinaus sachlich informiert haben. In diesem Thread kann man allerdings schon erkennen, dass ich mich irgendwie nur in langen Texten ausdrücken kann :P
Ich hab natürlich versucht, mich insgesamt gut einzulesen, mich differenziert zu informieren und dabei keine Ungeduld aufkommen zu lassen, die Ameisen sofort zu bestellen und alles spontan aufzubauen. Ist eine weise Entscheidung gewesen
Ja, ich kenne die Horrorstories zu dieser südostasiatischen Ameise, habe sie mir komplett durchgelesen und zweite Meinungen eingeholt sowie in Eigenrecherche gefunden. Ich möchte ganz bestimmt keine Nester im Kleiderschrank (oder in meinem Bücherregal) finden, deshalb war Ausbruchsschutz bei mir auch der rote Faden, der sich bei der Einrichtung durchzog und hat mir einige „Gestaltungsideen“ versaut, aber was soll's. So oder so sieht es momentan für meinen Geschmack sehr geil aus
(Beachtet die schlecht geschnittene rote Folie und diese coole Languste aus Kindertagen bitte nicht )
Ich habe also versucht, die bewährten Tipps einiger Halter umzusetzen, indem ich ein „Plattennest“ aus Glas anklebte (Pattex zwei-Komponenten Kleber) und Öl zwischen die Glasscheiben an die Wand anbrachte (da die Seide der
Darüber hinaus hab ich ein wirklich schönes Mangrovenholz aus dem Zoofachhandel für 25 Euro erstattet.
Sie bietet eine natürliche „Klippe“, von der die Ameisen ihren Müll und die Leichen in ein Wasserglas schmeißen könnten. Ob sie es annehmen ist natürlich eine andere Frage, aber anbieten kann nicht schaden, da es sich anscheinend um ein allgemeines Problem dieser Art handelt, dass die Leichen endlos von A nach B getragen werden. Momentan gibt es anscheinend mehrere Hypothesen (?), warum sie es tun, und einige Lösungsansätze scheinen bei den Haltern zu fruchten.
Das Wasserglas (früher war da mal American Cheesecake mit Crumble drin, sehr geil ) ist von außen mit Öl bestrichen, damit sie nicht ertrinken. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie mit der Zeit Sand und ähnliches als „Trittsteine“ bauen um an das Wasser zu kommen, dies bleibt zu beobachten. Ansonsten läuft meine Wasserversorgung über eine Vogeltränke in Nestnähe und ein Reagenzglas im zweiten Formicarium (beide 40x30x30, verbunden über einen ca. 2m langen Plastikschlauch).
Gefüttert wird (zumindest heute) mit unverdünntem Honig und einem Heimchen (welches ich noch hier hatte; in dem beigelegtem Informationszettel stand allerdings, dass Heimchen wegen ihres geringen Nährwertes nicht optimal seien und Schokoschaben auf Platz 1 stünden). Nistmaterial ist vorerst Kokosfasern und Sphagnum, die Tage kommen noch Sägespäne, Nadeln, Pflanzenmaterial hinzu.
Ausbruchsschutz erfolgt über einen Ölfilm und zusätzlich über eine Talkumschicht unter der Abdeckung. Das Öl scheint gut zu funktionieren, aber sicher ist sicher. Selbst bei meiner kleinen Koloniegröße konnte ich beobachten, wie die Ameisen kurz nach dem einsetzen aggressiv in das Öl hineinliefen – mittlerweile hat sich das aber gelegt und die Ölschicht wird nur noch horizontal entlanggelaufen.
Die Temperaturen belaufen sich auf ca. 24-25°C, rel. Luftfeuchtigkeit geschätzt 60%. Geschätzt deshalb, da mein Hygrometer leider nicht mehr funktioniert, aber durch mehrere Farne (Dicksonia antarctica) und aufgebundene Orchideen (Bulbophyllum) in meinem Zimmer, die alle täglich besprüht werden, hat sich bei mir diese Luftfeuchtigkeit im letzten Jahr relativ konstant auf diesen Wert eingestellt. Ich überlege noch, einen 25 Watt Spotstrahler zu installieren, und dies bringt mich zu meiner Geschichte von heute, denn bisher erzähle ich nur von den Vorbereitungen, die ich in den letzten Wochen nach und nach verwirklicht hatte
Heute kam nun also eine Kolonie per Postweg an und wurde mit großen Augen begutachtet
Erster Eindruck:
Echt groß, kein Vergleich zu den europäischen Ameisen in meinem Rasen! Dazu eine wirklich hübsche Färbung der
Ich nehme an, dass zwei
Wichtig war mir eine kleine Kolonie zur Gründung. Einmal, damit ich nicht zu viele
Sofort strömten sie aus und erkundeten das komplette Formicarium Nummer 1 (mit dem großen Stein). In den Schlauch wagten sie sich allerdings noch nicht. Als ich nach geraumer Zeit sicher war, dass sie nicht ausbrechen konnten, musste ich die Kolonie leider für kurze Zeit aus den Augen lassen, aber immerhin hält mein Ausbruchsschutz. 1:0 für mich.
Als ich wieder kam, sah ich nur noch 4 Arbeiterinnen, auf eine Art und Weise durch die Arena laufend, die ich eher als „ziellos“ beschreiben würde. Kurze Zeit später waren es dann nur noch 2!
Ich habe also wirklich alles abgesucht, zweimal, dreimal... Habe mich dabei zu einer Engelsgeduld gezwungen ':D
Keine weiteren Ameisen zu sehen. Ok, wer weiß, ich hab ja auch schon von grabenden Polyrhachis gelesen und den Stein angehoben... Und siehe da, auch hier keine einzige vorhanden.
So langsam, gestehe ich ehrlich ein, wurde ich leicht nervös und fing schon an, mit der Taschenlampe die Rippen der Heizung zu durchleuchten, aber ein Ausbruch erschien mir so wahnsinnig unwahrscheinlich, hab ich die erste Stunde doch wirklich nur beobachtet und mehrmals gesehen, wie das Öl trotz schnellem „Anlauf“ seinen Dienst tat und die Ameisen nicht einmal das Talkum erreichten.
Als ich dann in letzter Instanz ein ca. 1,5cm großes Loch im Thermometer entdeckte, war mir klar, dass ich lieber die Batterien entfernen sollte -.-
Tatsächlich habe ich zwei Schrauben entfernt, das Gehäuse leicht angehoben und da tummelten sie sich fröhlich zwischen der Elektronik. Ist ja auch klar, eng anliegende Spalten, blickdicht und gut warm durch die schwarze Farbe des Gehäuses... wäre mir als Ameise auch egal. Hauptsache ich genieße die Technik, die höchstwahrscheinlich im Herkunftsland hergestellt wurde... Ein echtes Heimspiel. 1:1 für die Polyrhachis.
Fazit: Man kann noch so gut vorbereiten, irgendein kleines, bescheidenes Problemchen musste es ja bei solch agilen und „nestuntreuen“ Arten geben. Dennoch war ich wirklich mehr als froh, sie nicht nur gefunden zu haben, sondern die Palette an „Startproblemen“ durch gute Vorbereitung zu minimieren. Lieber ist es mir, sie nisten in einem nun für mich nutzlosen Thermometer, als dass sie sonst wo sind... Den Stress einer Zwangsumsiedlung habe ich ihnen erspart, und mittlerweile tragen sie fleißig Nahrung und Nistmaterial in das Loch des Thermometers ein.
So weit, so gut erst. Ich bin gespannt, wie sich die weitere Haltung entwickelt und freue mich auf euer Feedback Kritik, Ratschläge und sachliche Kommentare sind natürlich gerne gesehen und helfen, den Haltungsbericht nicht, wie viele andere, einfach abbrechen zu lassen. Das hat mich, glaube ich, immer am meisten geärgert, weil man aus den Fehlern der anderen nicht lernen konnte bzw. vor der Frage stand, ob es einfach an der Desinteresse lag.
Wenn eine wissenschaftliche Artbeschreibung erwünscht wird, bitte lasst es mich in diesem Diskussionsthread wissen: LINK
Auch für alle anderen Fragen (Formicarienaufbau, Haltungsparameter, Technik, Einkaufswert, Erwartungen) stehe ich natürlich zur Verfügung.
Lieben Gruß,
Frederick