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Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Berichte & Erfahrungen in der Haltung europäischer Ameisen.
Tara
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#1 Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Beitrag von Tara » 11. Mai 2023, 16:28

Da ich nun schon einige Zeit weitgehend still mitlese und meine paar Fragen toll beantwortet wurden, habe ich beschlossen, einen Haltungsbericht für Euch zu schreiben. Ich stelle immer wieder gern Vergleiche zwischen den Völkern an, deshalb betrifft mein Bericht alle Ameisen, die ich jetzt halte.

Inspiriert durch meine Frau hatten wir uns schon eine Weile mit der Ameisenhaltung befasst. Da wir aber gerade total im Stress sind mit unserer Hausrenovierung wollten wir warten, bis diese abgeschlossen ist, und uns erst dann konkret Ameisen anschaffen. Wie manche sich vielleicht durch meinen ersten Beitrag hier im Forum erinnern, kam es anders.

Ich hatte Anfang des Jahres, es muss so Ende Januar oder im Februar gewesen sein, am Waldrand Moos gesammelt, wollte dieses als feuchtes Polster für die Eier meiner Stabschrecken und Wandelnden Blätter benutzen. Es stand einige Zeit - noch ohne Eier - im Insektenzimmer neben dem Terrarium. Eines Morgens sahen wir, dass in einer Ecke unter dem Deckel etwas schwarzes krabbelte. Zuerst dachten wir an Trauermücken, mit denen wir wegen unseren Pflanzen öfter mal zu tun haben. Als wir den Deckel anhoben...

...sahen wir etliche Lasius niger Arbeiterinnen, die emsig Eier aus dem Moos nach oben trugen. An dem Tag war es aufgrund eines Defekts unserer Heizung sehr warm im Raum, offenbar hatten die Kleinen beschlossen, dass es im feuchten Moos zu warm war, und wollten für Belüftung der Eier sorgen.

Wir haben erstmal alles gelassen, wie es war, weil wir zur Arbeit mussten. Später bekamen die Ameisen eine große, mit Kokoserde gefüllte Glasvase als Nest zum Selbergraben, was sie auch taten. Mit einem Löffel beförderten wir die Brut und alle Arbeiterinnen, die wir aufnehmen konnten, in die Vase. Das Moos, in dem wir die Gyne vermuteten, legten wir auf die Erde, so dass die Brut bedeckt war. Ein Bastelglas mit Wasser und eines mit Zuckerwasser (geformt ähnlich einem Reagenzglas, nur wesentlich kleiner), ein paar kleine Steine und zwei Muscheln bekamen sie auch, dazu noch etwas Aquarienkies. Dann waren sie erstmal beschäftigt und ich konnte mich mit dem Thema Ausbruchschutz auseinandersetzen. Talkum hat nur ein paar Tage funktioniert, vielleicht zwei Wochen. Dann gingen sie auf Jagd...

Das war mein Einstieg in die Ameisenhaltung :shock:
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#2 Haltungsbericht Lasius niger, Temnothorax und Lasius cf flavus

Beitrag von Tara » 11. Mai 2023, 16:39

Natürlich blieb es nicht aus, dass wir uns nun doch schneller mit dem Thema Ameisen auseinandersetzen mussten als gedacht. Dabei stießen wir auf Bilder von Temnothorax. Meine Frau, die ursprünglich mit großen Ameisen geliebäugelt hatte, möglichst mit großen Unterschieden zwischen Majoren und Minoren, verliebte sich ein bisschen in die Zwerge.

Zu unserem Hochzeitstag im April ging ich mit ihr in den Wald und wir suchten nach Eicheln. In einem Holzstück wurden wir fündig. Vom Fundort nahmen wir auch etwas "gewohnte Erde" mit, in der sich zufällig ein Kirschkern befand - mit Loch, wie ich zu Hause sah. Und am zweiten Tag schlich eine kleine Temnothorax-Gyne abseits der Arbeiterinnen in der Nähe des Kirschkerns herum - ich habe sie hier im Forum gepostet, weil wir uns total unsicher waren, ob es nicht einfach eine versehentlich mitgenommene Arbeiterin eines "größeren" Volks war. Schlussendlich bekam sie ihren Kirschkern in ein eigenes Behältnis und hatte zwei Tage später drei Arbeiterinnen. Allerdings schlich sie noch immer gern außerhalb des Kerns herum. Wir hatten inzwischen Paraffinöl als Ausbruchschutz besorgt und ließen sie machen, deckten das Behältnis aber mit einer Haube aus Pappe zu.

Also haben wir jetzt zwei Temnothorax-Völker: das "Holznest-Volk" und die "Kirschkern-Gyne" :lol:
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#3 Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Beitrag von Tara » 11. Mai 2023, 17:00

Neulich haben wir im Garten ein paar Büsche gepflanzt. Ich räumte die Erdbrocken, die meine Frau aushob, zur Seite. Dabei bemerkte ich in einem Erdbrocken einen Hundertfüßler, den ich genauer betrachten wollte. Ich nahm den Brocken also hoch und drehte ihn etwas. Ich weiß die Art nicht, der der Hundertfüßler angehörte, er war fast rot gefärbt, mit einem Stich ins hellbraun. Sehr hübsch.

Und ich sah etwas mit dickem Körper und Beinen - im ersten Moment dachte ich an eine Spinne von hinten. Ich sah genauer hin... zeigte die Spinne, die keine war, meiner Frau... auch von ihr habe ich hier im Forum schon geschrieben, es ist eine Lasius-Gyne. Zunächst hatte ich sie in eine kleine Frischhaltebox gesetzt, zusammen mit dem Hundertfüßler, den ich später nochmal genauer betrachten wollte. Er schien etwas verletzt zu sein, die letzten Centimeter bewegte er nicht im Gleichtakt mit dem Rest des Körpers.

Mit den tollen Tipps hier aus dem Forum ausgerüstet besorgte ich ein Reagenzglas, um eine Gründung zu versuchen. Als ich dann am nächsten Tag eines hatte und es vorbereitet war, öffntete ich die Box und fand die Gyne neben einem leergeschlürften Hundertfüßler. Sie hatte wohl Hunger gehabt und er kam ihr gerade recht...

Ich setzte sie ins RG, gab ihr eine Mehlwurmpuppen-Hälfte dazu und einen Tropfen Honig auf die Watte, mit der ich das RG verschloss. Selbiges legte ich dann in eine Plastikbox, in der ich es so stabilisieren kann, dass es nicht herumrollt, und bastelte eine Abdeckung aus Pappe.

Die Mehlwurmpuppe war nicht interessant, nach ein paar Tagen musste ich sie wegen Schimmel entfernen.

Jedes Mal, wenn ich nach der Gyne schaue (einmal pro Woche am Wochenende), sitzt sie auf der feuchten Watte des Wassertanks. Ich kann also keine Fotos von der Seite oder von ihrer Unterseite machen. Ich will sie aber auch möglichst nicht stören. Sie steht jetzt neben dem Behälter der "Kirschkern-Gyne" auf dem Terrarium mit den Madagaskar-Fauchschaben. Das ist renovierungsbedingt der ruhigste Platz, den ich in einem warmen Raum habe. Die Alternative wäre mein Büro, wo es zwar deutlich ruhiger, aber auch höchstens 19 Grad warm ist statt ca 23/24 Grad.

Meine Frau hat viele Bildervergleiche gemacht und meint, es ist wahrscheinlich eine Lasius flavus Gyne. Wir werden sehen, wie die Arbeiterinnen aussehen, wenn sie dann mal welche hat.
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Tara
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#4 Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Beitrag von Tara » 15. Mai 2023, 08:59

Ich glaube, das improvisierte Nest unserer Lasius niger wird mittlerweile viel zu klein. Trotz unveränderter Fütterung scheint es weniger Brut zu geben. Der Bedarf scheint auch zurückgegangen zu sein, sie stürzen sich nicht mehr auf alles, was sie kriegen können. Vielleicht reagiert die Gyne so auf den mangelnden Platz?
Leider gab es Verzögerungen bei der Lieferung, so dass wir noch kein neues Nest anbieten können. Hoffentlich kommen die Teile nächste Woche endlich an...

Bei beiden Temnothorax-Völkern ist auch "tote Hose". Beim kleinen Volk mit dem Kirschkern habe ich jetzt am Wochenende immerhin mal eine Arbeiterin gesehen, seit Tagen die erste. Der Kirschkern ist mit Kies zugebaut, da scheinen sie aber auch kein Interesse mehr dran zu haben. Vermutlich wohnen sie jetzt in einem Stück Totholz, das wir ihnen als Alternative angeboten hatten. Da sie nur so wenige sind, ist das in Ordnung, kaum was von ihnen zu sehen. Sie bekommen alle paar Tage zwei Fruchtfliegen, gestern habe ich eine entfernt, die wohl bearbeitet worden war - jedenfalls lag sie nicht mehr da, wo ich sie hingelegt hatte.
Vor größeren Volk sehen wir praktisch nichts mehr. Die ersten paar Tage herrschte rege Aktivität, da gab es sogar einige Ausbrüche. Dann zeigte sich ab und zu mal eine Arbeiterin, das wars. In der Zeit haben sie eines Nachts eine Straße aus brauner Erde auf dem gelben Kies ausgebreitet. Inzwischen sehen wir seit Tagen keine Arbeiterin mehr. Sie leben aber, denn der Nesteingang (in einem Stück Holz) ist mal mehr, mal weniger verschlossen. Und einen der toten Mehlkäfer, die ich ihnen gegeben hatte, haben sie geköpft. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass das die Ameisen waren und nicht die Weißen Asseln, die als Bodenpolizei auch im Formikarium leben. Gesehen habe ich das nicht, nur am nächsten Morgn den zweigeteilten Käfer gefunden. Von diesem Volk hätten wir uns ein bisschen mehr Außenaktivität erhofft, meine Frau ist immer ganz enttäuscht, wenn sie wieder niemanden rumlaufen sieht...

Die Lasius flavus Gyne gibt Anlass zum Hoffen: Sie saß beim Kontrollblick am Samstag Abend nicht mehr auf der Watte - zuerst hatten wir schon gedacht, sie liegt am Boden des RG - nein, sie saß da ganz friedlich und es wirkte so, als hätte sie ein Eipaket gelegt. Genau erkennen konnten wir es nicht, theoretisch hätte es auch ein "Wattekrümel" sein können (nur wozu?). Wir wollten sie aber auch nicht mit einer Lampe anleuchten, sondern hatten uns extra so gestellt, dass unsere Körper das Licht vom Fenster etwas abschirmten. Wenn wir sie schon stören, dann wenigstens nicht zu stark.


Wenn Ihr Tipps oder Kommentare habt, schreibt einfach in diesen Tread.
Speziell zu den Temnothorax würde mich interessieren: Ist das normal beim gr0ßen Volk, am Anfang diese Aktivität und dann nichts mehr? Klar, sie haben jetzt, was sie brauchen, und damit gibt es wenig Grund zum Rausgehen, aber sie sind sie nicht eigentlich auch tagaktiv? Bei den Lasius niger sitzt stets eine Wächterin in der Nähe des Futerplatzes, um sofort reagieren zu können, wenn wir dort hantieren (altes Futter raus, neues rein). Die Temnothorax interessiert das so gar nicht...
Die Haltungsbedingungen sind ca 22-25 Grad (Raumtemperatur im Obergeschoß), moderate Luftfeuchte (wir sprühen alle paar Tage in der Arena, aber ich messe da nicht die Luftfeuchte - sollte ich das tun?), viel Ruhe (seit die Wände in den Raum fertig verputzt sind gehen wir da etwa ein bis zweimal täglich hin zum Schauen), keine künstliche Beleuchtung.
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#5 Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Beitrag von Tara » 22. Mai 2023, 15:01

Und wieder ist eine Woche rum... Zu berichten gibt es eigentlich nichts neues.

Die Lasius niger brauchen dringend ein größeres Nest. Leider warten wir noch immer auf die Lieferung...

Von beiden Temnothorax-Völkern sehen wir so gut wie nicht. Vom kleineren gar nichts - sie scheinen aus dem Kirschkern aus- und in ein Stück morsches Holz eingezogen zu sein.Mittlerweil sind wir uns darüber sehr sicher, denn wir sahen eine Arbeiterin in dem Holz verschwinden. Das größere Volk wohnt ja auch in einem Holzstück, auch von ihnen haben wir im Laufe der vergangenen Woche lediglich einmal eine Arbeiterin gesehen. Das Loch, das den Nesteingang darstellt, ist mit Erde verschlossen. Manchmal ist eine kleine Öffnung zu sehen, die aber auch immer wieder verschlossen wird.

Bei der Lasius flavus Gyne sind wir uns inzwischen ziemlich sicher, dass sie ein Eipaket hütet. Der weiße Krümel, an dem sie sitzt, ist etwas gewachsen. Wir warten ab und schauen nächstes Wochenende wieder zu ihr.


Vielleicht schaffe ich es auch irgendwann, die Bilder vom Handy auf den PC zu packen, so dass ich Euch die Kleinen mal zeigen kann. Nur von der L. flavus Gyne habe ich noch keine Bilder, weil ich sie nicht stressen will. Sie werde ich erst fotografieren, wenn ihre Gründung als erfolgreich einzustufen ist.
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#6 Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Beitrag von Tara » 23. Mai 2023, 10:30

Heute versuche ich mal ein paar Bilder hier reinzustellen. Leider ist nicht alles so scharf, wie ich es gern hätte.
Das Setup der Temnothorax Gyne im Kirschkern
Das Setup der Temnothorax Gyne im Kirschkern
Hier wohnt das größere Temnothorax Volk
Hier wohnt das größere Temnothorax Volk
Das vorläufige Lasius niger Nest von oben
Das vorläufige Lasius niger Nest von oben
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#7 Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Beitrag von schrotti04 » 2. Juni 2023, 12:36

Speziell zu den Temnothorax würde mich interessieren: Ist das normal beim gr0ßen Volk, am Anfang diese Aktivität und dann nichts mehr? Klar, sie haben jetzt, was sie brauchen, und damit gibt es wenig Grund zum Rausgehen, aber sie sind sie nicht eigentlich auch tagaktiv? Bei den Lasius niger sitzt stets eine Wächterin in der Nähe des Futerplatzes, um sofort reagieren zu können, wenn wir dort hantieren (altes Futter raus, neues rein). Die Temnothorax interessiert das so gar nicht...
Ich habe ein etwas größeres Volk Temnothorax nylanderi. Mal sehe ich relativ viele (was heißt so fünf/sechs). Dann paar Tage keine. Wieder ein paar Tage später sammle ich 4 Ausbrecherinnnen wieder ein.
Also sie brechen gar nicht aus sondern gehen nur "spazieren". Das Nest kann ich nicht sehen. Sie wohnen jetzt und einer Moosfläche. Auch ich sprühe alle paar Tage etwas. Die Temperatur schwankt zur Zeit
so zwischen 18 und 23 Grad. Das Formicarium steht bei mir so, dass es einen deutlichen Tag/Nacht-Rhytmus gibt.

Auch ich kann bestätigen, die Mädels stört gar nichts. Ich beobachte sie auch gerne. Es hat mich sehr erstaunt zu sehen, dass eine einzelne Arbeiterin eine Fruchfliege gezogen hat.
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#8 Haltungsbericht - Lasius niger, Temnothorax sp. und Lasius cf. flavus

Beitrag von Tara » 2. Juni 2023, 16:52

Danke für das Teilen Deiner Erfahrung, schrotti04!

Ich habe von meinem großen Temnothorax-Volk seit Tagen (Wochen?) nichts mehr gesehen, außer dass sie den Nestingang mal offen haben, mal verschließen. Gestern gab es auch einen Seiteneingang.

Vom kleinen Volk habe ich gestern eine Arbeiterin am Wasser gesehen, ansonsten auch schon ewig nichts mehr. Ich glaube, dass sie aus dem Kirschkern ausgezogen sind, allerdings kann ich das nicht beschwören, denn der dortige Eingang ist zugebaut.
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