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Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Berichte, Erfahrungen, Tipps, Beobachtungen Gattung Camponotus
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Streaker87
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#25 AW: Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Beitrag von Streaker87 » 21. August 2011, 16:55

43. Haltungswoche (33. Kalenderwoche)

Königin: 1 Arbeiterinnen: 130 Eier: 100 Larven: 50 Puppen: 135

Unfähig bis 100 zu zählen


Ich musste gerade nochmal überprüfen, ob ich nicht doch ausversehen 1.000 geschrieben habe. Ich meine, 100 ist echt ein Witz, wenn man bedenkt, dass die Kolonie 10.000 Individuen fassen kann. Es bricht nun die Zeit an, in der man sich das genaue Zählen sparen und nur noch in 5er-Schritten den Bestand aufnehmen kann. Am besten lässt sich die Kolonie zählen, wenn die Arbeiterinnen die Brut über Nacht im gesamten Nest verteilt haben (1). Sobald die Lampe an ist und die Brut in der oberen Kammer gelagert wird, ist dies kaum mehr möglich (2). Zudem beachte man den imposanten Zuwachs der letzten Wochen (Bevölkerungsstatistik).

1)
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2)
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Eiskalte Proteine


Die letzten Wochen habe ich mich nicht mehr damit aufgehalten die Futtertiere aufzutauen. Die Ameisen kommen trotzdem gut damit klar. Für die Afrikanerinnen mag es wie ein Kulturschock erscheinen, wenn sie auf noch gefrorene Heimchen und Mehlwürmer stoßen.
Als Proteinquelle missfallen mir die Mehlwürmer immer mehr. Obwohl sie direkt ins Eisfach gewandert sind, verfärben sie sich nach dem Anbieten schwarz, was dazu führen kann, dass sie von den Ameisen immer eher entsorgt werden. Meine Vermutung wäre, dass die Arbeiterinnen den eigentlich noch intakten Darmtrakt beim Zerlegen zerstören und somit die Verdauungsenzyme freisetzen, oder aber die Eiskristalle zerstören die Darmhäute und die Enzyme werden nach dem Auftauen aktiv und zersetzen das Gewebe. Dies veranlasst mich dazu, nicht mehr als einen Mehlwurm auf ca. 100 Arbeiterinnen anzubieten, da der zweite am nächsten Tag sofort wieder rausgetragen wird.
Besser verhält es sich mit den Heimchen. Nach dem einzelnen Überbrühen (sind ja nicht so viele wie die Mehlwürmer) und dem Einfrieren, werden sie noch gefroren in die Arena gelegt und trotzdem aggressiv angegangen. Nach spätestens 10 Minuten sind sie aufgetaut. Neben den Mehlwürmern, sofern diese nicht schon vergammelt aussehen, werden auch die Heimchen komplett ausgehöhlt
(3). Selbst der Kopfteil lässt sich separat auf dem Müllplatz wiederfinden und zum ersten Mal lassen sich die gewaltigen Mandibeln des Heimchens erkennen (4)(5). Einzig mit den großen Schenkeln wissen die Arbeiterinnen (noch) nichts anzufangen, obwohl hier m.M.n. wertvolle Muskelproteine stecken müssten (5). Das Problem lässt sich etwas eindämmen indem man die Beine an- bzw. aufschneidet.

3)
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4)
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5)
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Hohe Aktivität


Die Art wird oft als dämmerungs- und nachtaktiv beschrieben. Die Außenaktivität lässt demnach eher zu wünschen übrig. Am Anfang der Gründung mag dies sicherlich der Fall sein, was u.a. auf eine geringere Koloniegröße und einen herberen Verlust, beim Tod einer einzelnen Arbeiterin, zurückzuführen wäre /edit 20110830: letzeres ist reine Spekulation. Ein weiterer Grund könnte die afrikanische Herkunft dieser Art darstellen, die zur Tageszeit mit extrem hohen Temperaturen zu kämpfen hat.
Tatsächlich tummeln sich aber, auch zur Mittags- und Nachmittagszeit, von den knapp 100 Arbeiterinnen immer um die 15 außerhalb des Nestes. Die höchste Aktivität ist erwartungsgemäß während der Fütterung zu beobachten. Aber auch ohne Proteine und Honig sitzen sie ständig auf dem Nest, also in der Nähe der Lampe, oder untergraben Nest und Tränke. Zudem pendeln sie ständig zwischen den bestehenden drei kleinen "Zweignestern", die keine direkte Verbindung zum Ytong-Hauptnest aufweisen (6). Brut befindet sich allerdings ausschließlich im Hauptnest, wo auch die Lampe drauf gerichtet ist. Eventuell lässt sich die Aktivität auf die kühlere Umgebungstemperatur zurückführen, da kein Tod durch Hitze droht.

6)
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Niedrige Sterberate


Ich finde die niedrige Sterberate der aus Afrika stammenden C. fellah erstaunlich. In Haltungsberichten einheimischer Camponotus Arten (C. ligniperdus, C. herucleanus und C. vagus – ich will jetzt keine Halter nennen) sind häufig schon bis zu einem Dutzend oder mehr Tote im Gründungs- oder nachfolgendem Jahr zu beklagen, oder es wird von Totalausfällen ganzer Kolonien berichtet. Ein bis zwei tote Arbeiterinnen pro Woche scheinen die Regel. Auch von meinen C. vagus sind aufgrund einiger Schlupfprobleme bestimmt 20 Tiere eingegangen (C. vagus HB – Abschnitt "Die Kolonie"). Anmerkung: Sahal führte zu kühle Temerpaturen als Grund auf und ich hatte sie tatsächlich nur bei Zimmertemperatur gehalten. Allerdings kann es draußen, mit Ausnahme von Sonnen-exponierten Stellen, auch nicht viel wärmer sein. Eventuell ja in Frankreich, wo die Kolonie eigentlich herstammen soll. Trotzdem war die Entwicklung stabil, das muss fairerweise erwähnt werden.
Bis jetzt konnte ich bei den C. fellah erst sechs Tote, darunter ein weibliches Geschlechtstier, welches keines natürlichen Todes gestorben ist, innerhalb der 300-tägigen (oder 43-wöchigen, oder 10-monatigen) Haltung zählen. Häufig liegen die verendeten Tiere zusammengekauert am Rand der Arena oder es lassen sich Überreste auf dem Friedhof finden. Letzteres scheint allerdings bei einer überschaubaren Kolonie noch eher selten. Im Endeffekt trat genau das ein, was erwartet wurde, sollten die Arbeiterinnen doch mindestens ein Jahr alt werden. Oft sterben auch nur die ersten Arbeiterinnen (Pygmäen) einer Kolonie so früh. Die verendeten C. fellah sind auch kaum größer als C. vagus Arbeiterinnen, könnten somit also noch zu den Pygmäen gezählt werden
(7).
Ähnlich wie bei der Aktivität dürfte die Außentemperatur eine Schlüsselrolle bei der Lebenserwartung spielen. Das viel beschriebenes und sogenanntes "Tot-Laufen" konnte noch nie beobachtet werden. Eher hocken die Arbeiterinnen vereinzelt und apathisch in der Ecke, was aber bisher kein eindeutiges Indiz für einen baldigen Tod darstellte! Auf Finger reagieren sie stets aggressiv und laufen oft nach kurzer Zeit, als wenn nichts gewesen wäre, durch die Arena und sind von anderen Arbeiterinnen nicht mehr zu unterscheiden.

7)
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Anteil des Polymorphismus' in der Kolonie (Teil 1)

Eine ganze Zeit lang wurden nach den drei kleineren und einer großen Majore keine weiteren Media- bzw. Major-Arbeiterinnen aufgezogen. Der Grund dafür ist mir nicht bekannt. Seitdem ich aber wieder bewusst häufiger und mehr Proteine füttere, so dass ständig ein Futtertier im Nest zerlegt wird, sind deutlich größere Larven im Nest zu beobachten
. Auch scheint die Anzahl der Larven insgesamt gleichmäßiger zu wachsen, anstelle von einigen wenigen oder dass einzelne Larven bevorzugt werden. Von den rund 135 Puppen sind mindestens 10 Media- bis Major-Größen dabei (8). Da freut sich der Halter!

8)
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#26 AW: Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Beitrag von Streaker87 » 10. Oktober 2011, 17:34

49. Haltungswoche (39. Kalenderwoche)

Königin: 1 Arbeiterinnen: 300 Eier: 160 Larven: 155 Puppen: 130

Kletterkünste an der Scheibe


Eine, wie ich finde, wichtige Eigenschaft von Ameisenarten ist, neben der eigentlichen Aktivität, d.h. dem Erkunden (in) der Arena und dem Erklimmen von darin enthaltenen Hindernissen wie Wurzeln und Steinen, die Vorliebe Glasscheiben zu besteigen.
Was ich zuvor bei meinen C. vagus (Südfrankreich) leider immer wieder beobachten musste, kommt bei meinen C. fellah (Afrika) nur extrem selten bis gar nicht vor - Es sei denn, ich fuchtle mal wieder am zum Beckenrand gelegenen Eingang rum und die Arbeiterinnen strömen aus dem selbigen, wobei – abhängig von der Störungsintensität – eine oder mehrere Ameise – aufgrund von Platzmangel oder meinen Finger folgend – die Glaswand hochkrabbeln (muss/müssen). Der eigentliche Erkundungsdrang wird aber ausschließlich auf dem lehmhaltigen Untergrund befriedigt – richtig so, denkt sich der Halter. In meiner Vorstellung existieren die Glasscheiben eigentlich nicht, allerdings ist eine Luftgrenze schlecht verhandelbar, so will ich doch zumindest eine saubere und von Ameisen freie Scheibe vor der Nase.
Die Vorliebe Scheiben zu erklimmen lässt sich wohl auf unterschiedliche Punkte zurückführen.
Zum einen der Boden selbst, dessen Konsistenz den Ameisen genug Halt bieten muss. Da mein anfangs mit Muttererde vermengter Sandboden bei der kleinsten Schräge unter den C. vagus weggerieselt ist und die Ameisen somit keinen Halt finden konnten, haben sie kurzerhand die Beckenglasscheibe für sich entdeckt um von A, dem Nest, nach B, die entfernteste Beckenecke, zu kommen. Wie soll man da ein natürliches Verhalten beobachten, wenn die Ameisen “in der Luft“ krabbeln? Sobald die Ameise ‘gen Boden krabbelte und das lockere Substrat ertastete, machte sie sofort Reißaus ‘gen Himmel. Die einzig sinnvolle Schlussfolgerung war natürlich der Austausch des Bodensubstrats.
Ein weiterer Punkt kann auf die Inneneinrichtung zurückgeführt werden. Da Ameisen im Gegensatz zu Fischen schlechte Taucher sind, beanspruchen sie auch ein geringeres Volumen. Stattdessen benötigen sie zum Auslauf eine hohe Oberfläche, die sich durch unzählige Klettermöglichkeiten, wie Pflanzen, Wurzeln und Steine realisieren lässt. Je höher die Oberfläche und damit der Auslauf im Becken, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die Ameisen die Decke hoch gehen. Tipp: Einfach mal die eingerichteten Becken zufälliger Arten mit denen von Blattschneider-Arten vergleichen, die meist in spartanischen Glaskästchen gehalten werden.
Da die C. fellah nun das Becken besetzen und auf festem Lehm-haltigen Sandboden ihrem Treiben nachgehen können, blieb ein direkter Vergleich leider aus. Aufgrund von Umgrabungen der halben Arena liegt aber schon so viel lockeres Substrat auf dem Obergrund, dass man davon ausgehen kann, dass sie als eine aus-der-Wüste-stammende-Art mit lockerem Substrat besser zurechtkommen als bspw. die C. vagus, welche eher für das Klettern an Bäumen o.ä. bekannt sind. Dies führt uns neben der Beschaffenheit des Substrats und der Beckeneinrichtung zu einem weiteren Punkt, der Natur einer Art. Einige Ameisenarten, wie z.B. Rhytidoponera metallica, sollen angeblich erst gar kein Glas erklimmen können. Die Intervalle zwischen den Fütterungszeiten sind natürlich auch nicht zu unterschätzen.

Keine Nestbewässerung (mehr) nötig


Zur Bewässerung des Ytong-Nestes steht mir ein integrierter Wassertank zur Verfügung, welcher nach einer gewissen Koloniegröße (100+) gar nicht mehr benutzt wurde. Dafür wird die Tränke in der Arena selbstständig und regelmäßig besucht, was für das Nestklima und die Entwicklung der Brut scheinbar ausreichend ist. Ohne erneut auf die Fehler zu Beginn der Haltung einzugehen, scheint für die Gründerkolonie ein feuchteres Nest bekömmlicher, sofern man die Absicht hat das Nest währenddessen zu erwärmen, was im schlimmsten Fall – und so ist es bei mir eingetreten – zur Vertrocknung der Brut führen kann.

Anteil des Polymorphismus' in der Kolonie (Teil 2)


Dieser Punkt hat seit dem letzten Bericht ein Update bitter nötig. Mittlerweile tummeln sich gut 30 überwiegend größere Major-Arbeiterinnen im Nest, was in etwa 10% der Kolonie entspricht. Sobald eine gute Handvoll Media/Majore vorhanden ist, wird der Eingang auch von ihnen bewusst bewacht. Draußen lassen sie sich aber nur selten bis nie blicken. Auch durch direkten Kontakt, bspw. mit der Hand, lassen sie sich nicht provozieren, flüchten und verschwinden stattdessen umgehend ins Nest. Einzig eine größere Arbeiterin am Eingang weicht nicht von der Stelle. Ähnlich wie bei der Gyne lassen sich auch Media und Majore durch direkten Lichteinfall ins Nest verschrecken, woraufhin sie in dunklere Kammern ausweichen. Die Minor-Arbeiterinnen hingegen interessiert es recht wenig, sie werden erst bei stärkeren Erschütterungen unruhig.
Solange der Chitin-Panzer noch nicht vollends ausgehärtet ist, ähnelt sich der Aufgabenbereich von Minor- und Major-Arbeiterinnen sehr stark. Anfangs kümmern sich die Majore noch um die Brut oder speichern Ressourcen, von denen sie aufgrund ihrer Größe mehr speichern können. Später nehmen sie eine Schlüsselfunktion in der Verteidigung des Nestes und der Zerkleinerung von Beute wahr. Durch Letzteres scheinen sie nun auch befähigt die Sprungbeine von Heimchen zu verwerten, die anfangs noch allesamt unbeachetet auf den Müllplatz gewandert sind (2).

1)
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2)
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3)
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Vandalismus an Becken und Einrichtung (Teil 1)


Ameisen zernagen einfach alles. Gasbeton, Gips, Holz, Isolierungen, Styropor/-dur und sogar feine Metallmaschen. Ein Grund mehr seinen menschlichen Mitbewohnern nicht alles gleich auf die Nase zu binden, und für mich ein Grund das Styrodur-Modell, das ich zur Formgebung der Sanddüne angefertigt hatte, mit einem Leim-Sand-Gemisch zu behandeln. Zum einen der Optik wegen, zum anderen dachte ich mit dieser Art “Beiß-Schutz“ neugierigen Arbeiterinnen etwas entgegensetzen zu können. Hätte das was genützt? Sicher nicht. Denn das schlimmste kommt erst noch. Die Arbeiterinnen interessieren sich kein Stück für den Kunststoff, was wirklich eine angenehm positive Überraschung ist
(6). Statt die Gänge weiter in die Tiefe zu treiben stoppten sie anstandsmäßig vor der weißen Styrodur-Wand und führten ihr Meisterwerk in alle möglichen Richtungen, die noch übrig blieben, fort (4)(5). Und wenn das nicht schon genug Grund zur Freude war, scheinen sie den Kunststoffgrund von jedem noch so kleinen Sandkrumen freizuhalten, was für ihre Reinlich- und Genauigkeit spricht (6).
Allein meiner Schludrigkeit ist es zu verdanken, dass sie sich unter Wurzeln, Nest und Tränke neue Kammern in den Sand buddeln und ich nach und nach das Nachsehen hab‘, was Reinigung und Beobachtung anbelangt. Wenn wir mal davon absehen, dass sich einige Arbeiterinnen seit kurzem an der Silikonwurst des Beckens zu schaffen machen
(7), was keine weiteren Auswirkungen zu haben scheint, auch nicht in ferner Zukunft, da es ja kein Aquarium ist, dann kann man als Halter wohl nur zufrieden sein, wenn seine Schützlinge ihrem natürlichen Verhalten nachgehen!?

Anmerkung zu Bild 7
: Dieser "Riss" war schon vorher - glaube ich... Auf jeden Fall scheinen die Ameisen das zum Anlass zu nehmen daran rumzunagen, so meine Erklärung.

4
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7)
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Reinlichkeit (Toilette und Friedhof)

Nach wie vor handhaben die Arbeiterinnen es so, dass sie ihr Geschäft draußen auf dem Friedhof tätigen, wo Chitin- und Kokon-Reste gestapelt werden. Die Gyne bleibt, zu ihrem eigenen Schutz, die ganze Zeit im Nest und sucht sich dort ihr stilles Örtchen. Nun ist es so, dass vor einiger Zeit einer der königlichen Flecken angefangen hat zu blühen. Die Ameisen scheinen damit aber zurechtzukommen, da der Schimmel sich ohne Nahrungsgrundlage nicht weiter ausbreiten kann. Hinzu kommt, dass die Arbeiterinnen die befallene Kammer als Toilette nutzen, dafür drehen sie sich einmal, strecken ihre Gaster empor und setzen einen Tropfen ab - fertig. Egal, ob Minore oder Majore. Wie stark dieser Fleck tatsächlich belaufen wird, lässt sich hervorragend am Feuchtigkeitszustand ablesen (8). Alles scheint in Ordnung, also braucht es doch kein neues Nest in naher Zukunft. Ob das Verhalten zum Schutz der Kolonie, also der Eindämmung des Schimmels dient, oder sie einfach nur zu faul zum Laufen sind, kann leider nicht geklärt werden.
Um nochmal auf das noch neue Nest zu sprechen zu kommen, welches anfangs wirklich riesig war, hat sich keiner der Zweifel bestätigt. Trotz der zahllosen, ungenutzten Kammern wurden die Chitin-Reste stets nach draußen auf den Friedhof getragen (9) und nie gebunkert – in keinem der bisher genutzten Nester wohlgemerkt. Nur der Friedhof wechselte einige Male seinen Platz und vorübergehend gab es auch mehrere Sammelstellen.

Anmerkung zu Bild 8, links: Eine Milbe wurde nicht bestätigt. Vielleicht eine flüssige Ausscheidung gepaart mit der hydrophoben Oberfläche des Schimmels.

Anmerkung zu Bild 9 und 10: Ein Müllplatz nach etwa einem Jahr, der noch kein Mal geräumt wurde.

8)
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9)
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10)
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Jagdverhalten und Rekrutierung


Aus Erfahrung mit lebenden Futtertieren, wie Mehlwürmern, Heimchen, Fliegen und Spinnen, kann ich sagen, dass keines der Tiere ohne meine Hilfe den Ameisen je zum Opfer gefallen wäre. Die Ameisen sind nach dem ersten Kontakt aufbrausend, flitzen wie wild mit aufgerissenen Mandibeln umher und erbeuten… nichts. Auch ein zeitweises Fixieren der Beute muss nicht den endgültigen Sieg bedeuten. Die Ameisensäure dient eher der Verteidigung als zur aktiven Jagd. Ein Stachel wäre wohl deutlich erfolgversprechender – nur, da hatte der Halter was dagegen.
Im Gegenzug ist die Rekrutierung deutlich wahrzunehmen, wenn Kundschafter erst eine unterbrochene und wenig später eine durchgängige Pheromonspur legen. Dies wird sowohl bei Nahrungsquellen als auch beim Umzug genutzt. Eine dichte Straße bildet sich aber selten. Eventuell ist die Kolonie noch zu klein oder die Strecke zu kurz. Auf knapp 80 cm Beckenlängen kreuzen so viele Arbeiterinnen die Spur, dass kaum eine Straße zu erkennen ist. Apropos “kreuzen“, nicht jede Arbeiterin, die mit Sicherheit die Spur passiert, folgt ihr auch. Die meisten Ameisen, die ihr folgen, kommen aus dem Nest, wo sie rekrutiert wurden, oder kehren von der Nahrungsquelle heim.

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#27 AW: Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Beitrag von Streaker87 » 30. Oktober 2011, 15:00

52. Haltungswoche (42. Kalenderwoche) - Jahrestag

Königin: 1 Arbeiterinnen: +400 Bruteinheiten: +600

Streaker87 hat geschrieben:Die Ameisen (Gyne + 6 Arbeiterinnen + Brut) sind am 28.10.2010 bei mir angekommen.
Einjähriges :geburtstag:

Vorwort

Zum Jahrestag meiner Camponotus fellah Kolonie werde ich im vorläufig letzten Beitrag alles nochmal Revue passieren lassen und den Haltungsbericht von vorne aufkrempeln, nur eben mit all den Erfahrungen und Daten geschmückt, die ich in den letzten 365 Tagen sammeln durfte. Das bezieht sich auf die Unterpunkte der Einleitung & Vorstellung, die da wären: Größe, Entwicklungsdauer, Bevölkerungswachstum, Haltungsbedingungen und Becken. Zum einen werde ich auf eigene Beobachtungen eingehen, die man aus dem Verhalten der Kolonie ablesen konnte, zum anderen werde ich auf die damit verbundenen Auswirkungen auf die Haltung zu sprechen kommen. Letzteres wird sein, ob ich meine Wahl nach einem Jahr bedauere und was die Vorzüge und auch Nachteile von C. fellah waren/sind. Mein Haltungsbericht wird natürlich auch sein Fett wegbekommen und kritisch beleuchtet, was man eventuell hätte besser machen können usw., denn, unverkennbar hat eine Wandlung im Laufe der letzten Monate stattgefunden.

Nachfolgende Informationen basieren auf Beobachtungen und Vergleiche in Haltung (Lasius spp., Myrmica sp., Tetramorium sp. und Camponotus vagus) und Natur (diverse Lasius spp., Myrmica spp., Formica spp.). Die gesammelten Daten sind im Eingangsbeitrag nachzulesen.

Größe

Die Riesenameisen (engl. Carpenter ants) machen ihrem Name alle Ehre. Von allen oben genannten und von mir bisher gehaltenen Arten stellen die C. fellah ausnahmslos die größten Individuen, und das ist nicht allein auf die stolzen Major-Arbeiterinnen zurückzuführen. Schon die Minor-Arbeiterinnen haben eine gute Nasenlänge Vorsprung im Vergleich zu ihren Verwandten C. vagus, was im Bericht durch zwei Fotos versucht wurde zu untermauern (in #6 und #25 ).
Mit ihren annähernd 2 cm übertrifft die Gyne sogar die meisten hier heimischen Wespenarten und lässt Laien, wie ich damals einer war, die Kinnlade runter- und die Augen aufreißen – Faszination und Bewunderung zugleich (in
#1).
Diese Ausmaße in der Körpergröße erlauben nicht nur das Beobachten der Kolonie im gesamten, sondern erleichtern zudem das genauere Untersuchen von Verhaltensweisen einzelner Individuen.
Mit der Größe wandelt sich auch die Lebensweise. Arbeiterinnen von C. fellah weisen bspw. kein so ausgeprägtes Rekrutierungsverhalten auf, wie deutlich kleinere Arten (Lasius sp., Pheidole sp.). Stattdessen sind sie in der Lage kleinere Beutetiere auch schon mal alleine abzuschleppen. Dies kommt aber in der Regel eher selten vor, da es unwahrscheinlich ist, dass ein Beutetier samt erster Kundschafterin lange unentdeckt bleibt.
Mit fortstreitender Koloniegröße und dem vermehrten Füttern von Proteinen nimmt auch die durchschnittliche Masse einzelner Larven immer weiter zu – die Aufzucht von Media- und Major-Arbeiterinnen beginnt (ab #18). Im Durchschnitt lässt sich sagen, dass auf 10 Minor-Arbeiterinnen etwa eine Majore kommt. Die ersten Majoren wurde nach etwas 6 Monaten aufgezogen.

Entwicklungsdauer

Wer groß werden will, braucht auch Zeit sich anständig zu entwickeln. So, oder so ähnlich, träfe es wohl auch auf die Riesenameise zu. Mit einer Zeitspanne von durchschnittlich 50 Tagen ist die Entwicklungsdauer bei Minor- und Media-Arbeiterinnen noch relativ normal bemessen und mit den kleineren heimischen Camponotus Arten zu vergleichen. Die der Major-Arbeiterinnen kann sich dagegen über zwei Monate belaufen (in #1).
Von Ei bis Larve gibt es bei allen Morphen keine erkennbaren Abweichungen, zumal man auch nicht ohne weiteres vorhersagen kann, was sich später daraus entwickelt. Erst als Larve, in einem Stadium, in welchem die Determination der späteren Ameise von den Arbeiterinnen durch z.B. das qualitative und quantitative Füttern “gelenkt“ werden kann, sind Abweichungen erkennbar. Die größten zeitlichen Unterschiede in der Entwicklung treten aber während der Metamorphose von Larve zu Image auf.
Die Entwicklungsdauer der Ameisen kann durch Temperaturen sowohl verkürzt als auch verlängert werden. Das Koloniewachstum wird dadurch erheblich beschleunigt (Heizlampe/-folie bei ~30 °C) oder etwas hinausgezögert (Zimmertemperatur bei ~20 °C). Siehe auch RGT-Regel.

Bevölkerungswachstum

Speziell für diesen Punkt wurde eigens eine Statistik angefertigt, die sich durchaus sehen lassen kann (im Sinne von keine größeren Datenlöcher o.ä.) – wenn auch nicht immer auf die letzte Ameise genau berechnet, was bei einer fortgeschrittenen Kolonie, das heißt ab etwa 100 Arbeiterinnen, auch kaum mehr möglich ist. Mit der Zeit ebenfalls untergegangen sind die Lege-Zyklen der Gyne in den ersten fünf Monaten der Haltung. Danach verkürzten sich die Zyklen so drastisch, dass regelmäßige Schübe an Eiern folgten, und die Intervalle nicht mehr auseinander zu halten waren. Damit ließe sich der “Zusammenhang zwischen Legeverhalten der Königin und Größe der Kolonie“ beantworten. Bis auf zwei Wochen, aufgrund eines Haltungsfehlers, lag die Anzahl an Bruteinheiten immer über der der Arbeiterinnen. Je größer die Kolonie desto mehr Eier werden also gelegt, da mehr Pflegendes Personal vorhanden ist. Dank dieser oder ähnlicher Statistiken kann bei einer guten Haltung mit konstanten Bedingungen schon Wochen im Voraus vorhergesagt werden, mit wie vielen Arbeiterinnen und Brut zu rechnen ist – und die Trefferwahrscheinlichkeit liegt gar nicht so weit daneben (in #1).
Ähnlich der Entwicklungsdauer einer einzelnen Arbeiterin, ist auch das Bevölkerungswachstum an Temperatur und Nahrungsaufnahme gekoppelt, durch welche das Wachstum der Kolonie beschleunigt oder gebremst werden kann.
Bei einer geschätzten Nest-Temperatur (punktuell) von etwa 28 °C und moderater Fütterung, das heißt nie mehr als 3 mittlere Heimchen in der Woche, anfangs allerhöchstens eins pro Woche, hat es die Kolonie im ersten Jahr auf 400 Arbeiterinnen und über 600 Bruteinheiten gebracht. Ende des zweiten Jahres wird man wohl mit 2000-3000 Arbeiterinnen rechnen können. Allein die Brutzahlt spricht Bände. In zwei Monaten wird sich die Kolonie mehr als verdoppelt haben (Entwicklungszeit einer Arbeiterin von Ei bis Imago beträgt etwa zwei Monate).

Haltungsbedingungen

Zu Beginn der Haltung trat ein entscheidendes Problem auf, das man nicht klein reden sollte. Im Haltungsbericht (5. Woche bis 12. Woche) und Diskussionsthread (Ab Beitrag #22) kann man das Bangen um die Brut (Eier) nochmal Revue passieren lassen. Das erste Gelege, aus acht Eiern bestehend, ist mir komplett eingegangen. Vom zweiten Gelege mit 20 Eiern sind nur ganze fünf Larven durchgekommen, der Rest ist eingeschrumpelt. Die Ursache wurde auf ein zu trockenes Nestklima zurückgeführt, welches für die Entwicklung der Eier und auch der Larven schädlich sein kann. Da die Kolonie zu dem Zeitpunkt noch sehr klein war, waren die sechs Arbeiterinnen von sich aus nicht in der Lage es durch eigene Bewässerung zu regeln. Durch die Wahl eines neuen Nestes, mit einem durchweg nassen Bereich, konnte das Problem behoben werden. Danach kamen augenscheinlich alle Eier durch und mit der Kolonie ging es wieder aufwärts.
Die Frage, welche man sich nun stellen sollte ist, ob man das Problem nicht auch schon hätte früher bekämpfen oder gar von Vornherein verhindern können. Da es meine ersten richtigen Exoten waren, bin ich bei der aus Afrika stammenden Art von sehr trockenen Haltungsbedingungen ausgegangen. Ich habe demnach extrem selten das Nest bewässert, Trinkwasser stand aber jederzeit zur Verfügung. Hinzu kommt, dass der Shop-Betreiber sie trocken hielt und sich andere Halter ebenfalls an einer eher ariden Haltung orientierten. Durch eine Doktorandin, die sich mit dieser Art beschäftigt, habe ich näheres über die Haltungsbedingungen unter Laborbedingung in Erfahrung bringen können, und musste leider einsehen, dass mein Zimmer keine Brutstätte darstellt, in der ich eine Temperatur von 30 °C und konstanten 60 % Luftfeuchtigkeit einhalten kann. Die punktuelle Erwärmung mit der Lampe hat die Arbeiterinnen dazu veranlasst die Brut umzulagern, allerdings war die Verdunstung viel zu hoch. Erst mit der neuen Nestkonstruktion und Kondenswasser an der Scheibe war ich wieder auf der sicheren Seite (in #13).
Danach war die Haltung ein Kinderspiel. Ab einer Koloniegröße von 100 Arbeiterinnen habe ich die Bewässerung wieder eingestellt. Zum einen legt die Kolonie ein beachtliches Tempo vor, so dass die wenigen Verluste gut verkraftet werden können, zum anderen scheinen die Arbeiterinnen das Klima nun selbst im Griff zu haben, und das obwohl regelmäßig in der Wärme gebadet wird. Über Nacht erhält die Kolonie eine Sonnenpause, in der die Brut wieder ins Nestinnere transportiert wird - bis zum nächsten Morgen. Im ersten Winter konnte keine Ruhepause beobachtet werden, die Gyne legte munter Eier, obwohl ich sie anfangs noch bei kühler Zimmertemperatur hielt (< 20 °C). Der Winter 2011 wird seinen Teil – ob Pause oder nicht - beitragen.
Während der gesamten Haltung haben mich Heimchen und Honig als Nahrungsquelle überzeugt. Anfangs blieben die Sprungbeine der Heimchen noch unangetastet, aber wenn die Kolonie etwas größer ist, werden auch sie komplett ausgehöhlt. Bei Mehlwürmern trat immer häufiger das Problem auf, dass sie vor der Verwertung vergammelten. Man konnte sie daher nicht einfach im Becken liegen lassen sondern musste sie meist direkt vor den Eingang legen. Da die C. fellah keine aktiven Jäger sind bzw. sich sehr ungeschickt anstellen, wurden die Futtertiere immer gefroren angeboten. Honig habe ich dem Zuckerwasser vorgezogen, da er länger offen liegen bleiben kann und nicht eintrocknet. Hat man ihnen zu viel angeboten, bedecken die Arbeiterinnen die Zuckerquelle mit Substrat. Nach und nach räumen sie es wieder beiseite bis auch der letzte Tropfen weg ist. Danach kann wieder frischer Honig angeboten werden.

Das Becken

Ich denke, zum Becken lässt sich nicht allzu viel sagen. Ich habe versucht es artgerecht und naturnah einzurichten. Das heißt, viele Kletter- und ein paar Versteckmöglichkeiten. Zudem ist mir unabsichtlich der Fehler unterlaufen, ihnen am Beckenrand Platz für Grabungen zu lassen, was sich nach etwas Frust, doch als hoch interessant herausgestellt hat. Mittlerweile muss ich auch meine Aussagen zur Scheibenaktivität und Beschädigung am Styrodur-Modell revidieren. Die Grundfläche ist einfach zu klein geworden, so dass die Ameisen immer häufiger den Himmel zu erkunden versuchen – es hält sich aber in Grenzen. An einer kleinen Stelle, nicht weiter tragisch, haben sie auch einen Gang in den Kunststoff geknabbert (1). Es war nur eine Frage der Zeit.
Sieht man mal davon ab, dass das Becken mit dem Deckelrahmen nicht genau stimmig ist und die Ameisen öfters durch die Ritzen antennieren, scheint der mit Paraffin bestrichene Rahmen sie gut von einem Ausbruch abzuhalten. Jedenfalls konnte ich mit dieser Schutzmaßnahme bisher noch keinen Ausbruch beobachten. Pulver-artige Ausbruchssicherungen kämen für mich nicht in Betracht, da sie m.M.n. zu oft erneuert werden müssten und mit der Zeit von selbst abbröckeln. Das Paraffin habe ich seit bestimmt einem halben Jahr nicht erneuert. Da es unter dem Rahmen aufgetragen wurde, wird es auch weniger schnell mit Staub verunreinigt. Versuche seitens der Ameisen, das Paraffin mit Substrat zu verunreinigen, gab es bisher nie. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich das ändern. Aber besser nicht den Teufel an die Wand malen.
Da das Becken keine Bohrung für eine Erweiterung besitzt, habe ich bisher immer interne Ytong-Nester genutzt. Damit bin ich auch sehr gut gefahren. Die Größe der Kammern kann vorgegeben werden. Feuchtigkeit, sowohl Wasser als auch Ausscheidungsprodukte, werden gut aufgesaugt. Ein auftretender Schimmelherd kann dadurch ebenfalls besser kontrolliert werden (in #26). Mir bereitet nur die Vorstellung einer 5.000 Frauen starken Kolonie Kopf zerbrechen. Ob ein Nestwechsel dann noch so einfach möglich ist? Wir werden es sehen. Ein neues Nest und eine veränderte Einrichtung sind auf jeden Fall schon in Planung.

1)
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Die Qual (nach) der Wahl

Ich bin mit meinen Camponotus fellah vollends zufrieden und bin auch der Meinung dass ich bei dieser Gattung alles bekomme, was ich mit Ameisen irgendwie in Verbindung bringe. Den wiederkehrenden Hype um australische Bulldoggen-Ameisen oder blattschneidende Superkolonien habe ich nie nachvollziehen können.
In erster Linie kommt für mich eine bestimmte Verträglichkeit in Frage, da ich gerne den Kontakt zu den Tieren suche. Da sind Arten, die wespen-ähnlich stechen oder mir den halben Finger abschneiden, fehl am Platz. Natürlich werden die meisten Camponotus Arten von Myrmecia sp. in der Größe überboten, aber mit annähernd 2 cm kann man da nicht meckern. Die Größe erleichtert einfach das Beobachten einzelner Individuen, im Gegenzug muss man eben auf ausgeklügelte Rekrutierungsverhalten verzichten, die kleinere Arten aufweisen. Der Verzicht der Winterruhe war ein weiterer Punkt, da ich das 80er Becken nicht wegschleppen wollte und mein Zimmer somit für 5 Monate leer stünde.
Die Ameisen an sich sind schön anzusehen, da sie eine Farbvarianz von dunkelbraun bis schwarz aufweisen und nicht eintönig sind. Dadurch wird das Erkennen von Konturen erleichtert. Eine weitere Besonderheit dieser Gattung ist der gut ausgeprägte Polymorphismus, der den Hauptanlass meiner Wahl darstellte.

Intention zum Schreiben (Haltungsbericht)

Ich möchte hier kurz nur erläutern, was mir über die letzten Monate selbst kritisch aufgefallen ist. Anfangs fand ich die Stickpunkt-artige Schreibweise noch interessant, zumal ich versucht habe sie durch Schlagworte wie “Arttypische Beobachtung“ o.ä. etwas übersichtlicher zu gestalten. Zu Beginn der Haltung passiert erfahrungsgemäß am meisten, dennoch empfand ich eine wöchentliche Berichterstattung in Form eines Rückblicks mehr als ausreichend. Da sich im Laufe der Haltung einiges wiederholt, macht es Sinn die wöchentlichen Berichte auf einen Monat auszuweiten und nur bestimmte Aktionen oder Beobachtungen zu Papier zu bringen. Dies lässt sich am besten durch aussagekräftige Überschriften, in Form von Appetit-Häppchen, und mittellangen Texten realisieren, was ich ab der 33. Haltungswoche auch versucht habe umzusetzen. Im Grunde tut sich da nicht so viel, man muss halt seinen eigenen Stil finden und da fand ich den letzten einfach ansehnlicher. Fotos sind natürlich Pflicht, und Videos runden das ganze nochmals ab. Zuvor habe ich mich z.B. nie mit dem Schneiden von Videos beschäftigt oder mir einen Account bei Youtube erstellt.
Ich bin mir durchaus im Klaren, dass nur eine Handvoll interessierter User die Berichte auch wirklich (bis zum bitteren Ende) liest bzw. gar studiert, aber das sollte es wert sein. Ich selbst habe Mainmans Haltungsbericht viele Male wiederholt durchgelesen. Das könnte aber auch auf mein schlechtes Erinnerungsvermögen zurückgeführt werden…

Danke!

... möchte ich am Ende noch allen fleissigen Lesern sagen, die den Haltungsbericht mitverfolgt und ihn zum Anlass für Diskussionen genommen haben.

Demnächst werde ich noch ein paar Videos reinstellen und über den nächsten Umzug berichten, da das Becken komplett umgebaut werden soll.

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Ich hoffe, dass sich jetzt keine allzu groben Rechtschreibfehler eingeschlichen haben. Sonst eben eine PN an mich. Danke.

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#28 AW: Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Beitrag von Streaker87 » 7. Januar 2012, 01:06

63. Haltungswoche (01. Kalenderwoche)

Königin: 1 Arbeiterinnen: +800 Bruteinheiten: +300

Eine Schätzung

Das Zählen habe ich nach einem Jahr Haltung aufgegeben. Ich orientiere mich derzeit nur an den Individuen, die sich vor dem Nest befinden. Ich war schon anfangs von der Hypothese überzeugt, dass sich etwa 10% der Individuen außerhalb des Nestes und der Rest im Inneren aufhält. Diese Rechnung geht wohl nur auf, solange kein Zwang für eine Unordnung
besteht, die u.a. durch Platz- oder Futtermangel hervorgerufen werden kann! Bei Zählungen gehe ich i.d.R. so vor, dass zuerst die Anzahl der Ameisen in der Arena ermittelt werden (9) (ca. 85 Arbeiterinnen in diesem Fall) und danach die Abdeckung abgenommen wird, um das Nestinnere durch den Taschenrechner zu jagen (1)(2). Allein auf der Abdeckung befanden sich 60 Arbeiterinnen, die sich gemütlich sonnten. Sie, von mir aufgescheucht, in Bewegung zu zählen - undenkbar. Zusammen mit den Individuen im Bau bin ich auf 800+ gekommen, was sich interessanterweise wieder mit meiner Vermutung (10%) deckt.
Die Brutanzahl habe ich auf 300+ geschätzt. Sie ist im Vergleich zum Update davor, von vor knapp 3 Monaten, auf die Hälfte zurückgegangen, was wohl auf die Winterpause zurückzuführen ist.

1)
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2)
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Winterruhe... Winterpause... Winter...

Wie auch immer man es bei C. fellah nennen mag... Anfang November ist mir die extrem kleine Gaster der Gyne aufgefallen. Weder in der Länge noch in der Breite
ließen sich Dehnungen erkennen (3). Nichtsdestotrotz legte die Gyne weiterhin Eier, was auch fotographisch festgehalten werden konnte. Die Frequenz, mit der sie die Eier legt, scheint aber zurück gegangen zu sein. Der Rückgang der Brut lässt sich, neben der derzeitigen Winterzeit, vielleicht auch auf die Fütterungsmenge zurückführen. In den letzten Monaten habe ich eher unregelmäßig, einmal pro Woche, vier bis fünf kleine Heimchen, kaum größer als die Ameisen selbst, verfüttert. Nach zwei Tagen muss man schon genauer hinsehen, wenn man noch ein Beinchen o.ä. entdecken möchte. Früher wurden auch Reste direkt vom Friedhof wieder ins Nest geschleppt, um sie erneut, allerdings völlig sinnfrei, zu verwerten. Ein Zeichen für Futtermangel?! Das (rechtzeitige) Zurückhalten von Proteinen stellt für mich auf jeden Fall ein Mittel zur Geburtenkontrolle dar, ohne die Kolonie oder die Arbeiterinnen an sich stark zu schwächen oder gar zu töten.

3)
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Keine Chance für Thronfolgerinnen (Teil 1)

Insgesamt sind in den vergangenen 14 Monaten drei Anwärterinnen geschlüpft. Da die Camponotus Kolonie mit gerade einem Jahr noch recht jung ist, scheint es sich wohl nicht um einen Versuch der Fortpflanzung zu handeln, was auch auf die fehlenden Männchen zurückgeführt werden könnte. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass den Arbeiterinnen bei der Kastendetermination ein Fehler unterlaufen ist, und die Larven sich wahrscheinlich zu spät verpuppt haben. Vergleichbares gibt es HIER (Klick) nachzulesen. Die Junggynen messen auch nur knapp 15 mm
(4), im Gegensatz zur "echten Gyne" mit 19 mm.
Ein Schwärmen ist bei keinem der drei Junggynen aufgetreten. Zwei haben es zwar außerhalb des Nestes geschafft, wurden allerdings im Laufe der Tage dingfest gemacht, ins Nest gezerrt und dort, erwartungsgemäß, verwertet. Ein kleines Video soll die Hochs und Tiefs einer C. fellah Prinzessin verdeutlichen
(Video 2).

4)
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Damenlose Gaster


Ich hatte knapp eine Woche lang eine Gaster im Nest liegen
(5). Keine Ahnung wem sie gehörte, der Rest war unauffindbar. Ich habe mal bei erbeuteten Honigtöpfen, deren Thorax ebenfalls abgetrennt wurde, gesehen, wie die Räuberameisen am Übergang zum Stielchenglied Flüssigkeit aufnahmen. Dies kann ich in meinem Fall nicht direkt bestätigen. Allerdings ist die Zeitspanne, in der die körperlose Gaster im Nest lag, mehr als verwunderlich. Der Geruch einer lebenden Ameisen muss schließlich noch vorhanden gewesen sein, sonst würde das Körperteil als abgetrennte und damit eigentlich tote Extremität erkannt und auf den Friedhof gebracht worden sein. Die Gaster war noch gefüllt, dennoch wurde sie nicht, wie erwartet, zerkaut und verwertet. Was letztendlich mit ihr geschehen ist, lässt sich allerdings nicht sagen.

5)
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Umbau /-zug

Grund dieses Updates war in erster Linie der "Umbau" des Beckens. Ich habe mich für ein neues, größeres Ytongnest entschieden, weil mir die Sonnenbank (oberer Teil des Ytongs) nicht mehr groß genug war. Auch wurden in der Arena zu viele Grabungen unternommen, über die ich keine Kontrolle mehr hatte, mal davon abgesehen, dass das Styrodurmodell mehr und mehr Löcher bekam. Des Weiteren wollte ich einen kleinen Ameisenhügel simulieren, der versteckt im Inneren der Arena liegt, aus dem die Ameisen nur so rausquellen
(8). Zum eigentlichen Ergebnis will ich jetzt mal nichts sagen, aber die Ameisen haben im Laufe der Zeit jede Ecke und Kante ausgegraben, so dass der weiße Ytong wieder sichtbar geworden ist (9).
Einen Exhaustor habe ich beim Umsetzen der Ameisen nicht verwendet. Auch wenn das Bergen der letzten Arbeiterinnen bestimmt zwei Stunden gedauert hat, hat es mit den Händen noch ganz gut geklappt
(6). Da ist es von Vorteil, wenn die Art keinen Stachel besitzt! Die Modell-Düne wurde im kleineres maßstab wiederverwertet um eine Anhöhe zu schaffen, der komplette Grund aber tiefer gelegt, so dass weniger Möglichkeiten zum Graben entstehen. Im Grunde sollte man es nicht schlecht heißen, wenn die Ameisen ihren Trieben nachgehen, aber irgendwann hört auch mal der Spaß auf, wenn man täglich mit verschütteten Arbeiterinnen Bergwacht spielen muss und man während der Rettungsaktionen das Leben von Gaffern/Zwickern etc. aufs Spiel setzt...

6)
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7)
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8)
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9)
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VIDEOS

1) Camponotus fellah Fütterung (bereits im Diskussionsthread gepostet)


2) Camponotus fellah Leben und Tod einer Prinzessin


3) Camponotus fellah Transport


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#29 AW: Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Beitrag von Streaker87 » 6. Februar 2012, 16:30

67. Haltungswoche (05. Kalenderwoche)

Königin: 1 Arbeiterinnen: +950 Bruteinheiten: +330

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Anstieg der Sterberate

Der plötzliche Anstieg der Sterberate hat mich dazu veranlasst, die Tage, an denen Arbeiterinnen und Junggynen gestorben sind, in meinem Haltungstagebuch zurück zu verfolgen. Glücklicherweise hatte ich immer die wichtigsten Ereignisse notiert und alle gefunden Leichen bis jetzt aufbewahrt (Anm.: Die Toten trocknen alle relativ schnell aus, Schimmel o.ä. trat bisher nicht auf). Neun Tote in sieben Tagen sollten einem vielleicht zu denken geben, aber wenn man sich die Vermehrungsrate der letzten Wochen und Monate anschaut, dann ist man immer noch deutlich im Plus.

Über das Durchschnittsalter einer einfachen Arbeiterin ist leider zu wenig bekannt, aber wenn man davon ausgeht, dass die ersten Arbeiterinnen einer Kolonie (“Pygmäen“) zuerst sterben, dann wären 17 Monate sicher ein Alter, mit dem man als Halter leben kann. Bislang sind min. 24 Arbeiterinnen gestorben, min. 1 Arbeiterin wurde zerquetscht und genau 3 Junggynen sind zum Wohle der Kolonie geopfert worden
(1).

Dennoch sollte man sich einige Gedanken über mögliche Ursachen machen:

1) Bedingt durch die äußeren Witterungsverhältnisse ist es auch im Zimmer kälter. Es wird zwar geheizt, aber es herrschen im Zimmer bzw. in der Arena und im unteren Nestabschnitt nie über 19 °C statt der “empfohlenen“ 30 °C (Laborbedingung).

Für mich keineswegs ein Grund, warum Insekten zu Hauf sterben sollten. Die Brut wird schließlich in der oberen beheizten Kammer gelagert. Ebenso hält sich dort nur ein Fünftel der Kolonie auf, der Rest in kälteren Abschnitten. Trotz der angeblich so niedrigen Temperaturen bewegen sich die Ameisen auch nicht langsamer als sonst, wie man es vielleicht von einheimischen Arten im noch kühlen Frühling oder zur Abendzeit kennt. Dafür sind 19 °C noch deutlich zu milde. 30 °C ist auch nur die Temperatur, unter der die Kolonie eine maximale Vermehrung zeigt. Daher ist ein Senken der Temperatur, auch zur “Geburtenkontrolle“, m.M.n. durchaus legitim. Die artgerechte Haltung sollte deswegen jedenfalls nicht zu leiden haben.

2) Durch das Heizen im geschlossen Raum liegt die Luftfeuchtigkeit unter 25 % statt der “empfohlenen“ 60 % (Laborbedingung).

Hier sieht es schon anders aus. Kein Wasser, kein Leben, so einfach. In einer Reihe von Haltungsberichten findet man Hinweise darauf, dass eine zu geringe Feuchtigkeit Schwierigkeiten in der Entwicklung nach sich ziehen kann. U.a. bei Mainman, bei dem innerhalb weniger Tage die Antennen der Arbeiterinnen gelähmt schienen. Nach einer regelmäßigen Nestbefeuchtung, alle zwei Wochen, schien das Problem vom Tisch (HB-Link: #4). Zu Beginn meiner Haltung wurde ich mit einem ähnlichen Problem konfrontiert, allerdings musste ich damals Abstriche bei der Brut machen, was nicht minder schlimm war, da mir 20 Eier verloren gingen (HB-Link: #22). Bei einer kleinen Gründerkolonie kann das schon den Unterschied ausmachen.

3) Zu wenig Futter, in diesem Fall wohl Kohlenhydrate, da die Brut scheinbar nicht betroffen ist.

Ist eher unwahrscheinlich und auszuschließen. Unverdünnten Honig gibt es bei mir zur Genüge, hungern lasse ich die Ameisen ganz bestimmt nicht. Die Marke des Honigs wurde in den letzten Monaten ebenfalls nicht gewechselt. Eine Vergiftung, wie sie schon des häufigeren nachzulesen war, kann also ebenfalls ausgeschlossen werden.

4) Wasser in der Tränke ging zur Neige oder ist eventuell verunreinigt.

Das Wasser in der Tränke war zwar knapp, aber noch vorhanden. Auch gab es nie starke Verunreinigungen in Form von Schimmel o.ä. Mittlerweile setzen sich Kalk und Grünalgen ab, weil die Tränke bisher immer nur aufgefüllt wurde. Trotzdem ist der Andrang groß und die Wasserquelle ist ständig besetzt. Eventuell ein Zeichen dafür, wie wertvoll das Wasser ist und wie dringend es benötigt wird. Das Nest wird nämlich seit der 100. Arbeiterin nicht mehr bewässert.

Vorgehensweise:

Die Tränke wird nun mit Essigessenz von Kalk & Co. befreit, und das Becken in den kommenden Tagen, solange die Trockenheit anhält, besprüht. Dadurch dürfte sich schon eine Besserung erkennen lassen. Meine Schleimhäute werden ’s mir auf jeden Fall danken.

1)
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Zählen und Schätzen von großen Kolonien

Anm.: Alle von mir gemachten Angaben beziehen sich ausschließlich auf Camponotus fellah.

Gleiche Vorgehensweise wie vor einem Monat, ähnliches Ergebnis. Erneut wurden zunächst die Außendienstameisen gezählt. Dies ist noch gut zu bewerkstelligen, da sie sich i.d.R. ruhig verhalten, sich von Licht scheinbar weniger gestört fühlen und nicht zu dicht gedrängt auf einem Haufen sitzen. Heraus kam, mit absoluter Sicherheit, 64 auf dem Nest und eher geschätzt, da zumeist versteckt, 30+10 in der Arena
(2). Macht zusammen etwa 100 Arbeiterinnen außerhalb des Nestes. Ich erwarte demnach rund 1.000 Arbeiterinnen im Nest. Um nicht den Überblick zu verlieren, zähle ich die Kammern systematisch durch, d.h. von oben nach unten, bzw. von links nach rechts (3) (4). Immer bilden zwei Ameisen eine Linie, die eine 2 im Kopf zählt. 2, 4, 6, 8, 10, ein Finger hoch (=10). 2, 4, 6, 8, 10, zwei Finger hoch (=20). Kammer durch, Ergebnis in den Taschenrechner tippen. Und so weiter. Es lässt sich nicht vermeiden, dass Ameisen während der Zählung die Kammern wechseln. Im Großen und Ganzen dürfte sich das aber wieder ausgleichen.
Das Ergebnis der Zählung lag in diesem Monat bei rund 950 Arbeiterinnen, was wieder sehr nah an der Außenzählung liegt und meine Hypothese bestätigt:

Bei minimaler Unordnung, hervorgerufen durch spezielle Ereignisse wie Mangel (z.B. Futter, Platz, Temperatur), Stress oder Fütterung, ist das Individuen-Verhältnis von Außen zu Innen etwa 1:10.

Um das Ganze noch etwas genauer zu handhaben, ist eine zweite Zählung, im besten Fall eine dritte und vierte, von Vorteil. Die zweite Zählung, den Tag darauf, ergab eine Übereinstimmung von rund 98 %. D.h. ich habe mich um etwa 20 Ameisen im Vergleich zur ersten Zählung verzählt. Eine Fehlerquote von 2 % ist wohl noch akzeptabel. Draußen befanden sich min. 102 Arbeiterinnen, exakt 55 davon auf dem Nest, im Nest min. 916 Ameisen. Davor wurden min. 105 gezählt, davon exakt 64 auf dem Nest, im Nest min. 937 Ameisen.

Wenn man die Hypothese weiterspinnen will, was allerdings von mir (noch) nicht überprüft wurde, kann man vermutlich auch die Anzahl an Soldaten/Majoren in einer Kolonie anhand der Gesamt-Individuen-Anzahl abschätzen. In dem Fall bin ich bisher ebenfalls von einem 1:10 Verhältnis ausgegangen. Die Kolonie müsste demnach etwa 100 größere Major-Arbeiterinnen besitzen.

Die Anzahl der Brut hat der Statistik zufolge leicht zugenommen, erscheint aber weniger als noch vor einem Monat, da sie zuletzt nur geschätzt und dieses Mal etwas genauer unter die Lupe genommen wurde. Sobald es draußen wärmer wird, oder ich regelmäßiger und mehr füttern würde, rechne ich wieder mit einem Anstieg der Brut. Zurzeit füttere ich, wie gehabt, jedes Wochenende etwa fünf kleine bis mittlere Heimchen. Genauso wird mit dem unverdünnten Honig verfahren, drei kleine Deckel je nur 500 µl (=1,5 ml). Wasser reicht schon mal bis zu zwei Wochen in der Tränke. Diese wird nicht selten untergraben und jedes Mal von Innen besetzt, sobald die Sicherungswatte austrocknet ist und der letzte Tropfen aufgenommen wurde. Dann wird natürlich sofort wieder aufgefüllt.

2)
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3)
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4)
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(keine große Veränderung zum letzten Mal erkennbar)


VIDEOS

1) Camponotus fellah Wassertropfen


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#30 AW: Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Beitrag von Streaker87 » 13. März 2012, 16:10

71. Haltungswoche (09. Kalenderwoche)

Königin: 1 Arbeiterinnen: >1000 Bruteinheiten: >300

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Markierungsversuch an Camponotus fellah

1. Versuch (Ãœbung an toten Arbeiterinnen)

Die ersten Markierungen wurden an toten Minor- und Media-Arbeiterinnen durchgeführt, um vorab abschätzen zu können welche Farbe am geeignetsten ist und wie schnell die Farben trocknen. Ein kleiner Farbklecks auf den Thorax scheint am besten geeignet zu sein (1). Die Farbe war nach ca. 5 Minuten trocken (2). Marke siehe hier: #5

1)
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2)
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2. Versuch (2 lebende Minor-Arbeiterinnen)

Dazu wurden zwei "Freiwilligen" aus dem Becken entnommen, welche mit der Federstahlpinzette auf die Hand platziert und dann mit zwei Fingern fixiert wurden. Die erste Markierung auf den Thorax war perfekt. Beim zweiten Mal wurde die Ameise nicht richtig fixiert, so dass die Ameise während des Auftupfens an der Farbe festklebte und mit hoch kam, wodurch sie "versaut" wurde. Der Kopf, eine Antenne und ein Bein wurden mit angemalt (3). Für die Orientierung und das Ausüben der Körperpflege auf jeden Fall zu vermeiden! Dieser Fehlschlag veranlasste mich anfangs dazu, das Markierungsexperiment wieder abzubrechen, weil die Ameisen nicht unter meiner Inkompetenz leiden sollten. Ein Rettungsversuch half leider nichts, die Farbe blieb. Aber augenscheinlich macht es der Ameise selbst nach mehreren Tagen nichts aus. /edit-12.04.2012: Auch nach über einem Monat lebt die Arbeiterin noch.

3)
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3. Versuch (8 lebende Minor-Arbeiterinnen)

Dieses Mal wurde schon weiter gedacht. CO2-Flaschen befinden sich leider nicht im Haus, daher musste eine andere Betäubungsmethode her. Die Ameisen wurden für mindestens 5 Minuten in den Kühlschrank gestellt, damit sie träge werden. Am besten man arbeitet an einem kühlen Ort, damit sie sich nicht zu schnell regenerieren, und man den Vorgang wiederholen muss (unnötigen "Stress" vermeiden). Ein Kühlakku unter dem Behälter brachte leider keine Verbesserung. Es hilft auch fürs erste nur etwa 10 Arbeiterinnen zu markieren. 8 Arbeiterinnen sind in 5 Minuten für Ungeübte durchaus machbar (4). Eine Ameise wieder mit der Federstahlpinzette aus der „Kühlbox“ nehmen und zwischen den Fingern fixieren. Dafür ein, zwei Beine zu fassen bekommen und dann die Finger (meist Daumen, Zeige- und Mittelfinger) auf die Ameise zurollen, damit diese sich nicht windet, da sie sonst ihre Gelenke verdreht und es zu Verletzungen führen kann. Mit der anderen Hand einen in Abdeckfarbe getauchten Zahnstocher verwenden um einen kleinen Farbklecks auf den Thorax zu setzen.
Caput und Gaster sind bei Formicinae (Schuppenameisen) zu vernachlässigen, da es zu Orientierungsverlust und womöglich Vergiftungen/Erstickungen kommen kann. Ebenso kann das Antrocknen und Aushärten der Farbe dazu führen, dass die Gaster nicht mehr dehnbar ist, oder Gelenke nicht mehr einwandfrei funktionieren. Das es auch anders kommen kann als man denkt, zeigt Bild (5).
Die Farbe sollte je nach Dicke des Kleckses in etwa 5 Minuten getrocknet sein. Das Anbieten von Honig/Zuckerwasser in der "Quarantäne-Box" ermöglicht einen "Stress-Abbau" und das "Gewöhnen" an die neue Situation. Zudem könnten die Arbeiterinnen von ihren unmarkierten Schwestern besser empfangen werden und werden nicht sofort zu Tode gemustert. Nach 20-30 Minuten der Stärkung und Regeneration können die markierten Arbeiterinnen wieder in die Arena gesetzt werden.

4)
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5)
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4. Versuch (10 lebende Minor-Arbeiterinnen)

Durchführung etc., siehe 3. Versuch und Video 1.

Ernüchterung

Die Abtönfarbe scheint auf jeden Fall wieder abputzbar. Eine der 8 Arbeiterinnen verhielt sich nach Rückgabe in die Arena die erste Zeit lang noch recht träge, so dass andere Ameisen den weißen Klecks auf ihrem Thorax irgendwie entfernen konnten. Dies war nachweisbar, da ihr Bein noch weiße Farbe aufwies. Eventuell muss die Auftragung der Farbe gleichmäßiger und in geringerer Menge erfolgen, damit der Farbklecks weniger Angriffsfläche bietet. Zu vergleichen mit einem angetrocknetem Stück Dreck, das auch schneller abbröckelt, wenn es klümpchen-artig hervorsteht.

Erste kleine Erkenntnisse

Keine der 8 markierten Arbeiterinnen waren im Nest anzutreffen, jedoch wiesen nach kurzer Zeit alle eine leere Gaster auf. Das heißt, sie müssen den Honig durch Trophallaxis bereits vor dem Nest abgegeben haben, was teils auch zu beobachten war. Vermutlich in der zu erwartenden Informationskette, von "Nahrungsbeschaffer" über "Erkunder" an "Pflegerin" (und schlussendlich an die Gyne). Hintergrund siehe hier: Social and temporal organization in an ant colony [Dissertation]

Zwischenzeitlich konnten 8 der bislang 20 markierten Ameisen beim Sonne tanken auf dem Nest beobachtet werden (6). Die Vermutung, dass sich immer nur dieselben Arbeiterinnen den ganzen Tag unter der Lampe aufhalten würden, ist somit falsch. Der Rest krabbelt durch die Arena (siehe Video 1), oder hat seine Markierung durch die Pflege der Schwestern verloren (mindestens bei einer Arbeiterin nachgewiesen).

6)
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1) Camponotus fellah Identifizierung von Ameisen mittels Farbe



Weitere Vorkommnisse (kurz)

  • Wie in einem anderen Beitrag (Klick) bereits erwähnt, hatte die Gyne eine längere Legepause durchlaufen, die etwa 5 Wochen andauerte. Mittlerweile legt sie wieder Eier, etwa 50 pro Woche. Ich bin gespannt, wie die Kolonie in den nächsten Monaten durchstartet, und ob die Anzahl der Brut die Anzahl der Arbeiterinnen wieder übersteigt!
  • Die Sterberate ist zurückgegangen. An der einen Beckenbefeuchtung kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Ich nehme es einfach so hin, die Kolonie kann es verkraften. Die Luftfeuchtigkeit liegt wieder bei 40, statt zuvor bei 20 %.
  • Nachdem (endlich) einer unserer kleinen Aquarienfische verstorben ist, wollte ich den Test wagen und habe ihn der Kolonie angeboten. Folge: Neuerdings steht Fisch auf dem Speiseplan ;) Man muss ja nicht immer alles in die Tonne werfen, sondern kann der Natur auch mal was zurückgeben. Das Treiben habe ich in einem kleinen Video festgehalten (siehe Video 2). Ich muss hier leider den Hinweis hinterlegen, dass das Video auf einige User abstoßend und martialisch wirken könnte! Thunfisch (in eigenem Saft) ist übrigens nicht zu empfehlen! Die kleinen Stücke trocknen zu schnell aus und werden über eine Woche im Nest rumgetragen (7), (8).
  • Ich stelle das Zählen der Ameisen nun ein. Das Nest ist zu unübersichtlich und es sind einfach zu viele. Außerdem haben die letzten Schätzungen Abweichungen in "meinem 1:10 System" ergeben, was mich ganz schön geschockt hat :p 170 Arbeiterinnen draußen, aber "nur" 1000 drinnen, statt der erwarteten 1700. Ich weiß noch nicht genau wann, aber nach spätestens zwei Jahren, also irgendwann im Oktober 2012, werde ich alles auseinander nehmen und jede Ameise einzeln antreten lassen. Dann will ich genau wissen, auf wie viele Individuen die Kolonie in zwei Jahren angewachsen ist. Am liebsten würde ich es zuvor schon, nach anderthalb Jahren, wissen wollen. Mal schauen...

7)
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8)
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2) Camponotus fellah Fütterung (Fisch)


Diskussion: >> HIER <<




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#31 AW: Camponotus fellah - Haltungserfahrungen

Beitrag von Streaker87 » 18. April 2012, 22:35

75. Haltungswoche (13. Kalenderwoche)

Königin: 1 Arbeiterinnen: >1300 Bruteinheiten: >450

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Legezyklus der Gyne in der Gründungsphase

Ich habe es bisher entweder nur angedeutet oder in Diskussionen angeschnitten. Jetzt habe ich grafisch nochmal aufgerüstet und wollte diesen Bericht in erster Linie den Eiern widmen.

Das "Problem", vor dem man in der Gründungsphase oftmals steht, ist, dass die Gyne gar keine Eier zu legen scheint - oder nicht genug. Ich habe durchgehalten und wöchentlich ein Jahr lang Buch geführt und die Eieranzahl in eine Statistik eingetragen (Startbeitrag). Mit der Zeit wird die Zählung natürlich immer ungenauer, da das Leben im Nest zusehends unübersichtlicher wird. Aus diesem Grund sind in dem folgenden Graph auch "nur" die ersten acht Monate aufgetragen. Selbst hier sieht man am Ende starke Überschneidungen, die zu ungenauen Daten führen.

1)
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Zu Beginn der Haltung, d.h. bis etwa zur 24. Woche, erkennt man sehr schön, dass die Legephase der Gyne etwa drei Wochen beträgt und unabhängig von der Anzahl der gelegten Eier zu sein scheint. Gegen Ende verkürzt sich die Legephase auf zwei Wochen, das liegt aber eher daran, dass sich die gelegte und bereits vorhandene Zahl an Eiern überschneidet, was aus den besagten Ungenauigkeiten herrührt. Dagegen beläuft sich die Ruhephase zu Beginn der Haltung auf bis zu fünf Wochen und verkürzt sich mit jedem Zyklus. Das geht so weit, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt immerzu Eier im Nest vorhanden sind, also kein Zyklus mehr zu erkennen ist und die Gyne auch durchgängig Eier legt, der Zyklus also auch ausfallen kann. Erst bei einer Erniedrigung der Außentemperatur und dem Einleiten einer Winterpause, kann die Gyne das Eierlegen für mehrere Wochen einstellen. Dieses Phänomen trat bei mir in der 7. Kalenderwoche 2012 auf, in der kein einziges Ei mehr im Nest aufzufinden war. Vom letzten gelegten Ei, ein paar Wochen zuvor, da die Entwicklung mindestens zwei Wochen betragen kann, bis zur Wiederaufnahme des Eierlegens sind ungefähr fünf Wochen vergangen. Eine beachtliche Pause, gut anderthalb Jahre nach Gründung, die sich die Gyne aber auch redlich verdient hat!
Eine erneute Pause und damit ein einhergehender Zyklus ist aber nicht zu erkennen, da die Gyne seitdem wieder an die 50 Eier pro Woche gelegt hat. Die Zahl hat sich dann bei etwa 200 eingependelt. Was wiederum zu der drei-wöchigen Legephase passen würde.

Markierung von Puppen (Teil 1)

Nach dem Markieren von Arbeiterinnen mache ich mich nun an die Püppchen ran ;) Dazu möchte ich in diesem Fall auf folgenden Thread verweisen, der ab dem 14. Beitrag auch die Puppenmarkierung behandelt: Bunte Namensschilder für Ameisen - individuelle Farbmarkierungen

Bisher konnten keine ungewöhnlichen Verhaltensweisen der Arbeiterinnen gegenüber den markierten Puppen feststellt werden. Die Tinte hält auch soweit. Am besten lassen sich frische Kokons bemalen - so wie es auch gedacht ist, etwa einen Tag nach dem sicheren Einspinnen. Die älteren Puppen haben etwas seidig-plastik-artiges an sich, so dass die Farbe nicht sofort hält. Erst mit leichtem "Nachdruck" lässt sich die Tinte auftragen.

Eine Puppe, die kurz vor dem Schlupf stand, habe ich geöffnet, um die Reaktion der Arbeiterinnen zu beobachten (4). Dabei wurde die Puppe, obwohl sie nicht in einen schützenden Kokon gewickelt war, ganz normal behandelt und über mehrere Tage im Nest rauf und runter getragen. Die Nacktpuppe blieb augenscheinlich unversehrt und ist wenige Tage später aus ihrer Puppenhaut geschlüpft. Das ganze Theater hatte natürlich auch einen Sinn und lässt sich in der Versuchsreihe der Markierung von Ameisen einordnen. Nackt lassen sich Puppen immer noch am besten bespannen :)

2)
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3)
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4)
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VIDEOS

Hier noch ein Video für die Nicht-Leseratten, in dem ich meinen Finger riskiere. In erster Linie ging es aber um die Aufnahme der Größe.

1) Camponotus fellah Major-Arbeiterin auf Millimeter-Papier


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