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Sahal
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#3449 AW: KFKA - Kurze Fragen, kurze Antworten

Beitrag von Sahal » 29. September 2010, 10:40

@Raimund:
gehe noch einen Schritt weiter zurĂŒck, denn ohne dass Arten einen Weg wĂ€hlen wĂŒrden, hatten wie eine ziemlich homogene Fauna und Flora... oder besser gesagt nur einen Proteinsumpf.

Erst muss eine Art die Entscheidung treffen, welchen Weg sie wÀhlt, und dann können Feind und Freund entscheiden, ob der Weg Erfolg hat oder nicht.
HÀtte nicht vor Uhrzeiten oder gar Urzeiten eine Ameise die Entscheidung getroffen, dass sie eine solitÀre Lebensweise zugunsten "Einem Duft-Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden..." aufgeben wird, hÀtten wir trotz allen Selektionsdrucks keine eusozialen Ameisen, sondern eine unauffÀllige Wespenart mehr!

Andere Arten haben entschieden, dass sie eine Warnfarbe annehmen möchten, und diese wurde dann von Feind und Freund bestÀtigt.
Zudem musste ja auch entschieden werden, ob jetzt z.B. Gelb, Rot oder Blau genommen wird... denn alle Farben erfĂŒllen bei diversen Arten ihren Zweck.


So geht es doch in der gesamten Evolution: ein Weg wird gewÀhlt, und dieser wird durch Selektion bestÀtigt und verfeinert... oder blutig verworfen.


Entscheidung: bevor es hier wieder um sinnlose Definitionen geht... der Begriff "Entscheidung" ist nicht als persönliche Vorliebe zu sehen!
Der Scheidepunkt ist zum Beispiel die Strategie zur Defensive.
- werde ich flink und haue ab?
- werde ich durch Dornen unfressbar?
- tarne ich mich als Stein?
- oder werde ich steinhart durch Panzerung?
- entwickle ich einen mordsmĂ€ĂŸigen Gestank? (Berliner U-Bahn im Sommer.. schlimme Sache!)
- werde ich gallebitter schmecken?
- bastle ich ein toxisches Sekret?
- und wenn Nein, zeige ich es durch Warnfarbe oder GerÀusche an?
- oder bin ich nur ein Geizhals und imitiere ungenießbare Lebewesen?

Irgendwann entscheidet die Art sich fĂŒr den ein oder anderen Weg, und dieser wird dann kultiviert oder verworfen. Erst dann kann die Selektion greifen.


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlÀgt!

Gast
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#3450 AW: KFKA - Kurze Fragen, kurze Antworten

Beitrag von Gast » 29. September 2010, 12:27

[font=Times New Roman]Hi Sahal,[/font]

[font=Times New Roman]Vorsicht, damit das nicht in die falsche Kehle (z.B. eine zu junge) kommt![/font]
[font=Times New Roman]Entschieden wird hier absolut nichts, von keiner „Art“, und von einer Art als Ganzes schon gar nicht.[/font]

[font=Times New Roman]Innerhalb einer Art taucht eine Mutante auf (zufĂ€llige genetische Änderung), die ihrem TrĂ€ger einen zunĂ€chst winzigen Vorteil verschafft (schmeckt schlechter, sieht einem gefĂ€hrlichen Vorbild ein bisschen Ă€hnlicher als die Konkurrenz aus derselben Art, etc.).[/font]
[font=Times New Roman]Mit GlĂŒck ĂŒberlebt der TrĂ€ger alle sonstigen Gefahren und findet einen Fortpflanzungspartner, der, oder dessen Nachkommen dann ebenfalls dieses kleine Verbesserungsmerkmal trĂ€gt/tragen. Nun hat man eine innerartliche (intraspezifische) Variation.[/font]
[font=Times New Roman]Jetzt erst kommt die Selektion zum Zuge und lĂ€sst (vielleicht!) zunehmend mehr Individuen mit dem „neuen“ Merkmal ĂŒberleben.[/font]
[font=Times New Roman]Dann passiert noch lange nichts, aber irgendwann taucht eine Mutation auf, die den kleinen Vorteil nochmals etwas verbessert, zuerst bei einem Tier, oder bei den Nachkommen eines Tieres, in dem die Mutation zuerst auftrat.[/font]
[font=Times New Roman]Und so weiter, ĂŒber zahllose Generationen. Das immer wieder etwas verbesserte Merkmal (die genetische Grundlage dafĂŒr) wird hĂ€ufiger, aber die Art enthĂ€lt noch immer auch Individuen mit dem ursprĂŒnglichen Merkmal. – Die werden nur von Generation zu Generation seltener.[/font]
[font=Times New Roman]Das Ganze geht „schneller“ in sehr kleinen Populationen, und in Arten, die eine sehr rasche Generationenfolge haben (bei Taufliegen, Drosophila, mit 14 Tagen Generationsdauer, kann man so eine Evolution im Labor nachstellen! Dank der schnellen Generationenfolge UND weil man da kĂŒnstlich kleine Populationen schafft UND weil der Experimentator „scharfe“ Selektion betreibt).[/font]
[font=Times New Roman]Jetzt könnte ich weiter gehen und die Isolierung kleiner Teilpopulationen mit bzw. ohne den „neuen“ Selektionsvorteil verfolgen bis hin zur Artaufspaltung, aber da kommen wir in den Bereich mehrhundertseitiger PopulationsgenetiklehrbĂŒcher
.[/font]

[font=Times New Roman]MfG,[/font]
[font=Times New Roman]Merkur[/font]



Sahal
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#3451 AW: KFKA - Kurze Fragen, kurze Antworten

Beitrag von Sahal » 29. September 2010, 14:46

Sawatdee krub,

ich habe doch gewusst, dass mir dieses Wort um die Ohren gehauen wird und oben extra noch geschrieben, dass es keine willentliche Entscheidung ist... sondern sich vielmehr die Richtung entscheidet :D

Aussagen will ich damit, dass der Ursprung der evolutionĂ€ren Entwicklung immer in der Art selbst liegt und die "Entscheidung" ĂŒber den eingeschlagenen Weg nicht von Feind oder Freund getroffen wird. Die folgende Selektion durch Feind oder Freund entscheidet dann "nur" noch ĂŒber Sinn und weitere Ausbildung der Mutation.

Unbestritten ist dieses ein hochkomplexes Thema, muss die Mutation ja nicht nur entstehen (1), sondern zufÀllig auch noch gleichzeitig sinnvoll (2) verwendet werden (3) können. Was nutzt der Klapperschlang die Klapper dann, wenn sie nicht damit klappern kann :D
Erfolg bringt es erst, die körperliche und geistige (Jaja :D) Mutation zeitgleich auftreten, und endlich klapperte die Klapperschlang, bis ihre Klapper schlapper klang...


Der Begriff "Entscheidung" im Sinne der Evolution ist fĂŒr mich ein Ă€ußerst hilfreicher Kunstgriff, um komplexe VorgĂ€nge anschaulich zu kondensieren, ohne die tatsĂ€chlichen VorgĂ€nge zu "verdrehen"! So schreibe ich ja auch guten Gewissens, dass Ameisen irgendwann mehrfach "auf die Idee kamen", Pilze zu nutzen und sich dann "entschieden" haben, die Pilze zur Nahrung oder nur zum Nestbau zu verwenden.
Eine klare, korrekte und deutliche Aussage... die korrekt formuliert etwa 2 DIN-A4 Seiten mit Kopfschmerzen fĂŒllen wĂŒrde.
Betrachten wir vor die Struktur der Ameisenvölker, wird die Notwendigkeit einer fast abstrakt einfachen Beschreibung deutlich.
Die Gyne trĂ€gt komplette genetische BauplĂ€ne fĂŒr mindestens 3 vollkommen unterschiedliche Typen (Aussehen, Verhalten, AnsprĂŒche) in sich, wovon der Typ, der sich nicht selbst weitervererben kann, gleichzeitig auch die komplexesten BauplĂ€ne erfordert und den höchsten Stellenwert im Volk hat, sowie alle Typen unterscheiden und erkennen oder sogar dezimieren kann... und schon gehen die Kopfschmerzen los :D


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#3452 AW: KFKA - Kurze Fragen, kurze Antworten

Beitrag von Raimund » 29. September 2010, 16:58

War mir im Bezug auf die Entstehung von solchen selektiven Vorteilen eigentlich recht sicher. Wurde mir ja vor garnicht allzu langer Zeit erst eingetrichtert...

Sahal hat geschrieben:Erfolg bringt es erst, die körperliche und geistige (Jaja :D) Mutation zeitgleich auftreten, und endlich klapperte die Klapperschlang, bis ihre Klapper schlapper klang...

Nur das die Ameise mit ihrer Farbe in dem Sinne nicht "klappern" kann, sondern sie einfach hinnehmen muss. Somit entscheidet die Ameise nicht (die einzelne schon garnicht). Mögliche Konsequenz wÀre ja zum Beispiel das Leben auf einem roten Untergrund oder Àhnlichem.

So, Max, alles klar!? :baeh:

Gruß
Raimund


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Beitrag von Sahal » 29. September 2010, 18:11

Sawatdee krub

@Raimund:
die Änderung der Farbe oder Reduzierung der Panzerung fordert sogar große Anpassungen!
Eine Ameise, der Du durch die auffĂ€lligere rötliche FĂ€rbung quasi eine Zielscheibe (fĂŒr "sehende" Feinde) auf den Hintern pinselst, muss sich andere Defensiv-Maßnahmen ĂŒberlegen... die Tarnung durch die unauffĂ€llige Farbe Schwarz fĂ€llt ja nun weg und das Tier muss sich bedeckter bewegen.
Und wird gar die Panzerung reduziert, mĂŒssen zwingend andere Strategien gegen den Hauptfeind "Ameise" gefunden werden. Hier wĂ€re zB ein stĂ€rkeres Gift denkbar... oder ermöglichte das stĂ€rkere Gift erst die UmfĂ€rbung oder Einsparung der Panzerung?

Und wenn die Farbe Rot als Signal ausgebaut wird, muss auch eine Gefahr oder Ungenießbarkeit mit entsprechendem Verhalten entwickelt bzw imitiert werden. (Wobei wohl eher die Ungenießbarkeit und Gefahr zuerst oder mind. parallel entwickelt wĂŒrde.)

Somit entscheidet die Ameise nicht (die einzelne schon garnicht).
Den Begriff "Entscheidung" hatte ich doch in meinem letzten Post erklÀrt?


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#3454 AW: KFKA - Kurze Fragen, kurze Antworten

Beitrag von Raimund » 29. September 2010, 18:30

Upps, glatt den selben Fehler gemacht. "Entscheiden" ist da ungĂŒnstig. Vielmehr kann sie nichts dafĂŒr. ;)


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Beitrag von jkiefer » 29. September 2010, 19:06

Hallo,

interessante Frage, warum sind manche Ameisenarten rot, obwohl sie selbst rotblind sind. Den evolutioneren Teil haben ja jetzt andere schon ausfĂŒhrlich erlĂ€utert. Doch die Frage bleibt, was hat solch eine auffĂ€llige FĂ€rbung fĂŒr einen Nutzen. Wie ich glaube, als Warnfarbe, seht her ich kann mich wehren, friss mich nicht.
Dazu mĂŒssen wir uns ersteinmal klar machen, welche Fress-Feinde von Ameisen können ĂŒberhaupt rot sehen? Ameisen, nein! Andere Insekten, auch nein! Und die meisten SĂ€ugetiere, wiederrum nein!
TatsĂ€chlich eignet sich diese rote FĂ€rbung als Signal- und Warnfarbe fast hauptsĂ€chlich fĂŒr eine Gruppe von Tieren, die Vögel! Denn diese können Rot sehen und orientieren sich bei der Nahrungssuche stark am Sehsinn. So sind FrĂŒchte die Rot sind, meist so gefĂ€rbt um Vögel anzulocken, selbiges gilt auch fĂŒr BlĂŒten! Auf der anderen Seite werden Insekten, die eine gelb-schwarze bzw. rot-schwarze FĂ€rbung aufweisen von Vögeln in der Regel gemieden.

Und hierzu passt dann auch ein Verhalten bei Manica rubida (wie ihr sicherlich wisst, ist auch diese Art ĂŒberwiegend rot gefĂ€rbt) das ich praktisch bei jeder NestannĂ€herung beobachten kann. Bei jeder AnnĂ€herung und den damit einhergehenden ErschĂŒtterungen strömen Unmengen an Arbeiterinnen aus dem Nest und laufen, scheinbar ziellos, ums Nest herum. Dabei wird ersteinmal nicht angegriffen sondern nur "StĂ€rke" gezeigt. Sozusagen lauter rote Punkte die einem grĂ¶ĂŸeren Fressfeind (und groß muss er sein, sonst gibt es keine ErschĂŒtterungen) sofort zeigen, wir sind wehrhaft und wir sind viele, wage es nicht unserem Nest zu Nahe zu kommen. Eben eine erste Warnung. Und wenn man jetzt bedenkt, Vögel sind groß, insbesondere die Hauptfressfeinde von Ameisen hier bei uns, die Grabspechte, und können rot sehen, dann erscheint mir diese FĂ€rbung und dieses Verhalten am ehesten als Abwehrverhalten gegen eben diesen Fressfeind.
Was denke ich auch dafĂŒr spricht, ist die Tatsache das vor allem Volkreiche und grĂ¶ĂŸere Individuen (also die reichlich Beute versprechen) besitzende Ameisenarten diese rote Farbe haben, z.b. viele Arten der Gattung Formica, Myrmica und Manica. Und noch etwas ist interessant, viele dieser Arten sind Bewohner von Offenlandhabitaten in denen grĂ¶ĂŸere Nester in der Regel leichter zu entdecken und auch leichter aufzubrechen sind.

Ich hoffe meine Überlegungen und Beobachtungen sind nachvollziehbar ^^ ...
Lg


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"Was fĂŒr ein Ende soll die Ausbeutung der Erde in all den kĂŒnftigen Jahrhunderten noch finden? Bis wohin soll unsere Habgier noch vordringen?"
(Plinius der Ältere, 23 - 79 n. Chr.)


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Beitrag von pimpgimp » 30. September 2010, 13:18

Was wĂŒrdet ihr machen, wenn euer Gipsnest schimmeln wĂŒrde? :D



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