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von Nuptial » 29. Juli 2008, 08:06
Stefan, was The_Paranoid mit seinem letzten Absatz glaube ich sagen wollte ist, dass hier leider überwiegend aneinander vorbeigeredet wird, wenn das Wort "Bewusstsein" verwendet wird. Es ist doch wichtig, sich gemeinsam klar zu sein, was man darunter versteht, bevor man argumentieren kann. Es läuft doch sonst in's Leere. Denn, was hier geschrieben wird, auch was Du schreibst, das sind gute Gedanken und Vermutungen und sogar teilweise sehr schöne Bilder - allein, sie können doch nicht miteinander verbunden werden, wenn jeder an was anderes dabei denkt. Manche wollen sich vielleicht sogar gar nicht festlegen mit dem Begriff und locker drüber sprechen, ohne jetzt direkt ein Ziel vor Augen zu haben, aber damit meine ich Dich nicht! Und ich will es auch von der Sache her nicht abwerten, weil jeder das Recht hat, mit anderen Anliegen in das Gespräch zu gehen.
Stefan, ich glaube, Du hast bei "Bewusstsein" mehr an etwas wie "Fähigkeit, Wahrnehmungen zu machen und zu verarbeiten" bzw. "am Leben zu sein", vielleicht sogar etwas in die Richtung "Festzustellen, am Leben zu sein" verstanden.
The_Paranoid versteht glaube ich etwas anderes darunter. Was genau, das kann ich nicht sagen, aber ich denke es geht mehr in die Richtung von "Fähigkeit, Innen- und Aussenwelt voneinander zu unterscheiden".
Und da sind wir nicht alle gleich! Viele Tiere können nachweislich nicht verstehen, dass sie einmalig und individuell sind (obwohl sie es sind - je nach Definition, es nur nicht wissen, höchstens "spüren") und dass es eine Grenze zwischen Innen- und Aussenwelt gibt bzw. wo diese Grenze verläuft. Wenn man diese Grenze aber nicht kennt, dann ist es doch auch sehr schwer, über sich selbst nachzudenken bzw. sich seiner eigenen Existenz bewusst zu werden. Über was denke ich denn nach, wenn ich nicht weiss, ob das andere Tier mir gegenüber ich selbst bin, oder ein anderes Tier? Und das, was ich wahrnehme, bin das ich? Das was ich esse? Der Regen, die Sonne, die Wolken, sind sie ein Teil von mir oder von der Welt? Wo höre ich auf, und wo fängt die Welt an, und umgekehrt? Was sind meine Bedürfnisse in dieser Welt? Gibt es andere wie mich?
Es gibt viele Säugetiere (andere Tiere wie Vögel, Fische usw. sowieso!!), sogar Affen, die ihr Spiegelbild immer und immer wieder angreifen, weil sie nicht verstehen können, dass das, was sie dort sehen, sie selbst sind! Die innere Erkenntnis: Das ist kein eigenständiger Teil der Aussenwelt, bzw. es ist nur eine Spiegelung meiner äußeren Erscheinung und siehe da, es bewegt sich ja genau wie ich, das bin ja ich! findet hier nicht statt. Stattdessen tage- und wochenlang Geschrei, bis man den Spiegel wieder wegnimmt. Hier gibt es einen Unterschied zwischen dem Tier und dem Menschen bzw. manchen anderen Affen.
Es gibt Definitionen von Bewusstsein, wo aber gerade solche schwierigen Einsichten vorausgesetzt und eingeschlossen sind, und in so eine Richtung denkt The_Paranoid glaube ich.
Nun kommt es aber hier zu Gesprächen, wo der eine an Schmerzen denkt, der andere an den Wert des Lebewesens an sich, der dritte an die Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen, der nächste, einen Plan zu erstellen und diesen umzusetzen, ein anderer findet, wenn ihn ein Tier bloss mit zwei (oder mehr) Augen fixiert, dann sieht das schon irgendwie "bewusst" aus und wieder andere gehen eben mehr in die Richtung, die The_Paranoid glaube ich meint.
Es wird ohne gemeinsame Vereinbarung, was wir meinen, wenn wir über "Bewusstsein" sprechen, aber im Gespräch kaum ein Vorankommen geben!
Viele Grüße von Nuptial