Sklavenrebellion
- Cateena
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#17 AW: Sklavenrebellion
Also lieber Merkur, ich muss sagen, an wissenschaftlichem Interesse mangelt es mir nicht, allerdings leider teilweise am Verständnis. Sind schon echt schwer zu verstehende Brocken die du und didinium uns hier um die Ohren haut. Zumindest mir als wissenschaftlichem Laien geht es so. Trotzdem lese ich solche Beiträge immer sehr gerne und mit etwas Geduld, versteh ich am Ende doch das meiste davon Danke für die Mühe die du/ihr euch macht uns solch komplexe Themen näher zu bringen.
LG Cateena
LG Cateena
Interpunktion und Orthographie dieses Beitrags sind frei erfunden.
Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt!
Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt!
#18 AW: Sklavenrebellion
Hallo Merkur,
Zitat: “Richtig, das hatte ich inzwischen vergessen. Es ist allerdings einer der Fälle, wo bei mir doch Restzweifel bleiben..“
Ja ich muss zugeben das sich T. duloticus und T. pilla. Wirklich sehr ähnlich sehen. Im Feld haben wir auch erst gedacht das es T. duloticus ist. Was aber gegen einen gemeinsamen Ursprung von T.duloticus und T. pilla spricht ist das, meines Wissens nach, T. pilla noch nie mit T.curvispinosus gefunden wurde sondern scheinbar ausschließlich mit T. longispinosus und T. ambiguus.
Zitat: „Vorsicht! Das ist mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Artefakt, der auch bei anderen Untersuchern und anderen Arten bereits aufgetreten ist.“
Die Publikationen von Kutter waren mir nicht bekannt.
Ich bin mir nicht sicher ob es sich dabei um Artefakte handelt.
Die 50 x 50 Arenen (Hypotenuse = ca 70 cm) entspricht meiner Meinung nach recht genau den durchschnittlichen Distanzen zwischen Nestern. Siehe unten:
Basierend auf meinen Kartierungsdaten ist ein Abstand von ca. 120 cm zwischen den Kolonien als zu weit zu betrachten. In Michigan haben wir 2011 in einer gemischten Population (T.ambiguus/ T.longispinosus) eine durchschnittlichen Nestdichte von 80 Kolonien auf 18 m2 (4.4 kolonien / m2) ermittelt. In NY liegt dich Dichte von T.longispinosus bei ca. 1 Kolonie/m2. Wenn man diese Fläche als Kreis betrachtet sollte der durchschnittliche Abstand (Radius) zwischen 2 Kolonien ca 50cm in NY und 0.27cm in MI betragen. Ein Abstand von 120 cm wurde einer dichte von 0.22 Kolonien/m2 entsprechen das erscheint mir sehr niedrig. Allerdings habe ich nur die Daten aus den USA im Kopf. Allerdings muss ich sagen die T.nylanderi Population in Sommerhausen hatte ähnliche hohe dichten.
Ich sehe das Argument hinter der Eingewöhnungsphase, allerdings finde ich die Abgrenzung eher problematisch da es meiner Meinung nach die Ausdehnung der „Kolonie Einflusssphäre“ (ich spreche bewusst nicht von einem Territorium in meinem Verständnis ist dieser Begriff fur Gattungen wie Oecophylla bestimmt) kĂĽnstlich einengt und nicht der Gebietsetablierung unter natĂĽrlichen Bedingungen entspricht (Konkurrenzausschluss). Aber gut im Labor muss immer ein Kompromiss gefunden werden.
Zitat: Das Ganze basiert auf der Ăśberlegung, dass im Freiland kaum zwei größere Völker so nahe beieinander siedeln, dass es zu einer Verschmelzung kommen kann. SchlieĂźlich hätten sie ĂĽber Jahre nebeneinander heranwachsen mĂĽssen, ohne sich in die Quere zu kommen.“
Ich bin mir nicht sicher ob das eine richtige Annahme ist. Die Arbeiten von Franks zum Umzugsverhalten von T. albipennis zeigt deutlich das Kolonien sehr schnell und auch weit umziehen können. Es ist also möglich das große Kolonien über Nacht sehr große Nachbarn in unmittelbarer Umgebung haben können und nicht nebeneinander wachsen müssen.
http://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de/uploads/media/nest-size_selection_in_ants_01.pdf
Ich glaube das diese permanente Bewegung (Umzug) ein Charakteristikum von allen Laubstreu nistenden arten ist (verrottendes Nestmaterial) und das dies ein Grund fĂĽr das vermischen von Kolonien ist. Meine Kartierungsdaten (2009) von New York, West Virginia und Michigan zeigen sehr deutlich das die durchschnittliche Nestverwandtschaft mit zunehmender populationsdichte sehr stark abnimmt (noch nicht publiziert). Im MI lag die Verwandschaft bei ca r=0.2.
Zitat:“ Wenn, wie Sie selbst beschreiben, in einem Jahr sehr viele Jungköniginnen von P. americanus erfolgreich Kolonien grĂĽnden, dĂĽrften die jungen Völker in den folgenden 2-3 Jahren um Wirtsvölker konkurrieren und aus diesem Grund schon mal weniger Sklaven bekommen, also klein bleiben. Wenn einzelne Völker (mit „GlĂĽck“) in einer Umgebung mit vielen Wirtsvölkern entstehen, ergibt sich ein RĂĽckkopplungseffekt: Sie erbeuten viele Sklaven, wachsen stärker, dehnen ihr „Einzugsgebiet“ weiter aus, reduzieren damit aber auch die Chancen fĂĽr die Ansiedlung bzw. das Heranwachsen neuer, kleiner Völker. – Das Ganze ist von einer m. E. kaum quantifizierbaren Dynamik bestimmt.“
Viele dieser „erfolgreichen“ GrĂĽndungen endeten mit keiner oder einer handvollPuppen . Das Ăśberleben dieser GrĂĽndungen scheint mir sehr unwahrscheinlich. Dh liegt die tatsachliche Dichte von P.americanus sicher niedriger als nach dem GrĂĽndungsevent. Die Parasitisierungsrate in NY liegt zwischen 1 auf 10 Wirtsnestern bis zu 1 in 30. Je nach Subhabitat. Ich bin der Ăśberzeugung dass es in NY selten oder nie zur Konkurrenz um Wirte kommt da es sich um ein sehr dynamisches System handelt (mit vielen UmzĂĽgen pro Jahr). Lokale Konkurrenz wurde sich durch eine lokale niedrigere Wirts dichte um Parasitennestern manifestieren aber ich habe solche Schwankungen nicht gefunden. Ich glaube also nicht das Konkurrenz die niedrige P.americanus Arbeiterinnen Anzahl erklären kann. Sondern freie Nistgelegenheiten sehr schnell besiedelt werden.
Zitat: „Larven ĂĽberstehen Futtermangel relativ leicht, indem sie das Wachstum einstellen und evtl. im nächsten Jahr weiter wachsen. Sie „genieĂźen“ wohl auch einen „internationalen“ Schutz als Brutstadien, die man ja bekanntlich leicht zwischen Völkern verschiedener Arten austauschen kann. Wenn Puppen irgendwie geschädigt werden (z.B. unpassende Temperatur), gehen sie ein und werden entsorgt, oder auch gefressen.“.
DieseLarven haben sich allerdings zu Puppen weiter entwickelt (ca. 95%). Es wurden alle Brutstadien (Eier ausgeschlossen) über den gesamten Entwicklungszeitraum (täglich) gezahlt. Ich glaube dh. Das Futtermangel nicht der Grund für die Puppenmortalität darstellt. Aber gut ganz ausschließen kann man es natürlich nie.
Ja es ist schade, dass es keine allgemeinen Richtlinien gibt an die sich Forscher halten. Aber jedes Labor entwickelt seine eigenen Traditionen. Aber zu mindest der Methoden Teil sollte so gestaltet sein das die versuche wiederholbar sind (eigentlich Sinn und Zweck dieses Teils…).
Das fuhrt allerdings zu einem weitern Problem versuche werde nicht mehr wiederholt. Solche Projekte sind „Zeitverschwendung“ weil sie nicht publizierbar sind. In einer Wissenschaftskultur die nach „wirtschaftlichen“ Richtlinien organisiert ist keine Zeit fĂĽr Redundanz und zusätzliche Kontrolle. Schneller, höher weiter ist das Motto. Eine Entwicklung die mir sehr zuwider läuft. Aber wenn ich in der Wissenschaft bleiben will habe ich zu publizieren und das möglichst „gut“ in high impact journals. Es ist keine Zeit mehr zum Nachdenken wenn es zu lange dauert. globale Konkurrenz ist das Motto der Stunde.
Uff diese Antwort ist lange ausgefallen.
@Cateena es tut mir sehr leid aber ich verfalle zu schnell in den Wissenschaftsjargon. Ich ertappe mich oft dabei unnötig kompliziert zu schreiben und versuche es zu vermeiden.
MFG didinium
Zitat: “Richtig, das hatte ich inzwischen vergessen. Es ist allerdings einer der Fälle, wo bei mir doch Restzweifel bleiben..“
Ja ich muss zugeben das sich T. duloticus und T. pilla. Wirklich sehr ähnlich sehen. Im Feld haben wir auch erst gedacht das es T. duloticus ist. Was aber gegen einen gemeinsamen Ursprung von T.duloticus und T. pilla spricht ist das, meines Wissens nach, T. pilla noch nie mit T.curvispinosus gefunden wurde sondern scheinbar ausschließlich mit T. longispinosus und T. ambiguus.
Zitat: „Vorsicht! Das ist mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Artefakt, der auch bei anderen Untersuchern und anderen Arten bereits aufgetreten ist.“
Die Publikationen von Kutter waren mir nicht bekannt.
Ich bin mir nicht sicher ob es sich dabei um Artefakte handelt.
Die 50 x 50 Arenen (Hypotenuse = ca 70 cm) entspricht meiner Meinung nach recht genau den durchschnittlichen Distanzen zwischen Nestern. Siehe unten:
Basierend auf meinen Kartierungsdaten ist ein Abstand von ca. 120 cm zwischen den Kolonien als zu weit zu betrachten. In Michigan haben wir 2011 in einer gemischten Population (T.ambiguus/ T.longispinosus) eine durchschnittlichen Nestdichte von 80 Kolonien auf 18 m2 (4.4 kolonien / m2) ermittelt. In NY liegt dich Dichte von T.longispinosus bei ca. 1 Kolonie/m2. Wenn man diese Fläche als Kreis betrachtet sollte der durchschnittliche Abstand (Radius) zwischen 2 Kolonien ca 50cm in NY und 0.27cm in MI betragen. Ein Abstand von 120 cm wurde einer dichte von 0.22 Kolonien/m2 entsprechen das erscheint mir sehr niedrig. Allerdings habe ich nur die Daten aus den USA im Kopf. Allerdings muss ich sagen die T.nylanderi Population in Sommerhausen hatte ähnliche hohe dichten.
Ich sehe das Argument hinter der Eingewöhnungsphase, allerdings finde ich die Abgrenzung eher problematisch da es meiner Meinung nach die Ausdehnung der „Kolonie Einflusssphäre“ (ich spreche bewusst nicht von einem Territorium in meinem Verständnis ist dieser Begriff fur Gattungen wie Oecophylla bestimmt) kĂĽnstlich einengt und nicht der Gebietsetablierung unter natĂĽrlichen Bedingungen entspricht (Konkurrenzausschluss). Aber gut im Labor muss immer ein Kompromiss gefunden werden.
Zitat: Das Ganze basiert auf der Ăśberlegung, dass im Freiland kaum zwei größere Völker so nahe beieinander siedeln, dass es zu einer Verschmelzung kommen kann. SchlieĂźlich hätten sie ĂĽber Jahre nebeneinander heranwachsen mĂĽssen, ohne sich in die Quere zu kommen.“
Ich bin mir nicht sicher ob das eine richtige Annahme ist. Die Arbeiten von Franks zum Umzugsverhalten von T. albipennis zeigt deutlich das Kolonien sehr schnell und auch weit umziehen können. Es ist also möglich das große Kolonien über Nacht sehr große Nachbarn in unmittelbarer Umgebung haben können und nicht nebeneinander wachsen müssen.
http://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de/uploads/media/nest-size_selection_in_ants_01.pdf
Ich glaube das diese permanente Bewegung (Umzug) ein Charakteristikum von allen Laubstreu nistenden arten ist (verrottendes Nestmaterial) und das dies ein Grund fĂĽr das vermischen von Kolonien ist. Meine Kartierungsdaten (2009) von New York, West Virginia und Michigan zeigen sehr deutlich das die durchschnittliche Nestverwandtschaft mit zunehmender populationsdichte sehr stark abnimmt (noch nicht publiziert). Im MI lag die Verwandschaft bei ca r=0.2.
Zitat:“ Wenn, wie Sie selbst beschreiben, in einem Jahr sehr viele Jungköniginnen von P. americanus erfolgreich Kolonien grĂĽnden, dĂĽrften die jungen Völker in den folgenden 2-3 Jahren um Wirtsvölker konkurrieren und aus diesem Grund schon mal weniger Sklaven bekommen, also klein bleiben. Wenn einzelne Völker (mit „GlĂĽck“) in einer Umgebung mit vielen Wirtsvölkern entstehen, ergibt sich ein RĂĽckkopplungseffekt: Sie erbeuten viele Sklaven, wachsen stärker, dehnen ihr „Einzugsgebiet“ weiter aus, reduzieren damit aber auch die Chancen fĂĽr die Ansiedlung bzw. das Heranwachsen neuer, kleiner Völker. – Das Ganze ist von einer m. E. kaum quantifizierbaren Dynamik bestimmt.“
Viele dieser „erfolgreichen“ GrĂĽndungen endeten mit keiner oder einer handvoll
Zitat: „
Diese
Ja es ist schade, dass es keine allgemeinen Richtlinien gibt an die sich Forscher halten. Aber jedes Labor entwickelt seine eigenen Traditionen. Aber zu mindest der Methoden Teil sollte so gestaltet sein das die versuche wiederholbar sind (eigentlich Sinn und Zweck dieses Teils…).
Das fuhrt allerdings zu einem weitern Problem versuche werde nicht mehr wiederholt. Solche Projekte sind „Zeitverschwendung“ weil sie nicht publizierbar sind. In einer Wissenschaftskultur die nach „wirtschaftlichen“ Richtlinien organisiert ist keine Zeit fĂĽr Redundanz und zusätzliche Kontrolle. Schneller, höher weiter ist das Motto. Eine Entwicklung die mir sehr zuwider läuft. Aber wenn ich in der Wissenschaft bleiben will habe ich zu publizieren und das möglichst „gut“ in high impact journals. Es ist keine Zeit mehr zum Nachdenken wenn es zu lange dauert. globale Konkurrenz ist das Motto der Stunde.
Uff diese Antwort ist lange ausgefallen.
@Cateena es tut mir sehr leid aber ich verfalle zu schnell in den Wissenschaftsjargon. Ich ertappe mich oft dabei unnötig kompliziert zu schreiben und versuche es zu vermeiden.
MFG didinium
#19 AW: Sklavenrebellion
@ didinium, @ all:
Ja, die Diskussion wird allmählich sehr lang, und sie geht in Bereiche, denen der normale Ameisenhalter kaum noch zu folgen vermag. An sich wäre das besser in einem Wissenschaftler-Forum aufgehoben, so wie das Forum SuperOrganism:
http://formicidae.darkbb.com/
Aber das ist leider nie so richtig aus den Kinderschuhen gekommen. Die noch im Dienst befindlichen Wissenschaftler haben wohl zu wenig Zeit, was ich nur zu gut verstehen kann.
So werde ich die Diskussion hier nun auch allmählich beenden und mich weiterhin mit didinium vielleicht eher per PN oder e-mail unterhalten. Ich hoffe, dass wenigstens ein paar der User hier unsere Debatte mit einigem Gewinn an Erkenntnis mitlesen konnten. Verglichen mit dem Ausgangspunkt im Startpost, http://idw-online.de/de/news497057 , und vor allem dem Zeitungsartikel in Post # 3 http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ameisen-an-die-waffen-schwestern.0cc46cd5-0f43-443a-931a-ef859c1fb917.html ist das Bild wohl doch etwas differenzierter geworden.
Nun also nochmals eine Antwort auf didiniums Post (# 18, von gestern). Um das Verfolgen der Argumentation zu erleichtern, schreibe ich meine Kommentare direkt in eine Kopie dieses Posts, hervorgehoben durch Fettschrift.
Los geht’s:
Didinium: Hallo Merkur,
Zitat von Merkur: “Richtig, das hatte ich inzwischen vergessen. Es ist allerdings einer der Fälle, wo bei mir doch Restzweifel bleiben..“
Ja ich muss zugeben das sich T. duloticus und T. pilla. Wirklich sehr ähnlich sehen. Im Feld haben wir auch erst gedacht das es T. duloticus ist. Was aber gegen einen gemeinsamen Ursprung von T.duloticus und T. pilla spricht ist das, meines Wissens nach, T. pilla noch nie mit T.curvispinosus gefunden wurde sondern scheinbar ausschließlich mit T. longispinosus und T. ambiguus. –
Merkur: Wirtsartwechsel sind gerade bei Duloten wohl nicht selten, cf. Buschinger, A. (1990) Sympatric speciation and radiative evolution of socially parasitic ants - Heretic hypotheses and their factual background. Z. zool. Syst. Evolut.-forsch. 28, 241-260. Online: http://www.antwiki.org/Ant_Wiki/images/5/52/Buschinger_1990b.pdf (Taxonomie auf Stand von 1990!)
Buschinger, A. (2009): Social parasitism among ants: a review. (Hymenoptera : Formicidae).- Myrmecol. News 12: 219-235. Online: http://www.myrmecologicalnews.org/cms/images/pdf/volume12/mn12_219-235_non-printable.pdf
Didinium: Zitat von Merkur: „Vorsicht! Das ist mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Artefakt, der auch bei anderen Untersuchern und anderen Arten bereits aufgetreten ist.“
Die Publikationen von Kutter waren mir nicht bekannt.
Ich bin mir nicht sicher ob es sich dabei um Artefakte handelt. –
Merkur: Ansichtssache. Ich schlieĂźe auf ein Artefakt aufgrund meiner Erfahrungen und der genannten Literaturangaben.
Didinium: Die 50 x 50 Arenen (Hypotenuse = ca 70 cm) entspricht meiner Meinung nach recht genau den durchschnittlichen Distanzen zwischen Nestern. Siehe unten: -
Merkur: Habe bewusst nicht die Diagonale angegeben, da die Nester (eine Art Reagenzgläser) mit der Öffnung Richtung Mitte lagen. Abstand der Öffnungen ca. 50 cm. Siehe Bild in der zitierten Publikation. (Die Ins. Soc. sollten Sie ja im Institut oder zumindest in der Uni-Bibliothek haben).
Didinium: Basierend auf meinen Kartierungsdaten ist ein Abstand von ca. 120 cm zwischen den Kolonien als zu weit zu betrachten. In Michigan haben wir 2011 in einer gemischten Population (T.ambiguus/ T.longispinosus) eine durchschnittlichen Nestdichte von 80 Kolonien auf 18 m2 (4.4 kolonien / m2) ermittelt. In NY liegt dich Dichte von T.longispinosus bei ca. 1 Kolonie/m2. Wenn man diese Fläche als Kreis betrachtet sollte der durchschnittliche Abstand (Radius) zwischen 2 Kolonien ca 50cm in NY und 0.27cm in MI betragen. Ein Abstand von 120 cm wurde einer dichte von 0.22 Kolonien/m2 entsprechen das erscheint mir sehr niedrig. Allerdings habe ich nur die Daten aus den USA im Kopf. Allerdings muss ich sagen die T.nylanderi Population in Sommerhausen hatte ähnliche hohe dichten. –
Merkur: Ich schrieb ja „bis zu 120 cm“. Bezieht sich auf schnell und weit laufende Arten wie Chalepoxenus. Auch waren die Nester nicht an den entferntesten Seiten der Abteile, sondern jeweils etwa mittig; Abstand daher etwa die Hälfte. Sklaven von Harpagoxenus sublaevis laufen mindestens bis 5 m vom Nest weg (Buschinger 1983: Sexual behaviour and slave raiding of the dulotic ant, Harpagoxenus sublaevis (Nyl.) under field conditions (Hym., Formicidae). Ins. Soc. 30, 235-240).
Didinium: Ich sehe das Argument hinter der Eingewöhnungsphase, allerdings finde ich die Abgrenzung eher problematisch da es meiner Meinung nach die Ausdehnung der „Kolonie Einflusssphäre“ (ich spreche bewusst nicht von einem Territorium in meinem Verständnis ist dieser Begriff fur Gattungen wie Oecophylla bestimmt) künstlich einengt und nicht der Gebietsetablierung unter natürlichen Bedingungen entspricht (Konkurrenzausschluss). Aber gut im Labor muss immer ein Kompromiss gefunden werden. –
Merkur: Für wichtig halte ich, dass die Tiere die Nestumgebung „kennen“ und von anderen Geländeteilen unterscheiden können, die von Nachbarvölkern belaufen werden. Von Dobrzanski gibt es eine Arbeit zum Thema, Versetzung von Ästchen mit Lept. acervorum. Beobachtung: Fremde Arbeiterinnen werden ergriffen und bis zu 1 m weg vom eigenen Nest dann unverletzt wieder freigelassen. Dobrzanski, J. (1966): Contribution to the ethology of Leptothorax acervorum (Hym…: Formic…) Acta Biol. Exper. (Warsaw) 26, 71-78. – Sehr zu empfehlen.
Didinium: Zitat von Merkur: Das Ganze basiert auf der Überlegung, dass im Freiland kaum zwei größere Völker so nahe beieinander siedeln, dass es zu einer Verschmelzung kommen kann. Schließlich hätten sie über Jahre nebeneinander heranwachsen müssen, ohne sich in die Quere zu kommen.“
Ich bin mir nicht sicher ob das eine richtige Annahme ist. Die Arbeiten von Franks zum Umzugsverhalten von T. albipennis zeigt deutlich das Kolonien sehr schnell und auch weit umziehen können. Es ist also möglich das große Kolonien über Nacht sehr große Nachbarn in unmittelbarer Umgebung haben können und nicht nebeneinander wachsen müssen. –
Merkur: Aber ist das so häufig, dass es irgendeine Relevanz für die Evolution eines spezifischen, alternativen „Raubzugsverhaltens“ haben kann? -
Didinium: http://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de/ ... nts_01.pdf –
Merkur: Danke, kenne ich.
Didinium: Ich glaube das diese permanente Bewegung (Umzug) ein Charakteristikum von Allen Laubstreu nistenden arten ist (verrottendes Nestmaterial) und das dies ein Grund fĂĽr Das vermischen von Kolonien ist. Meine Kartierungsdaten (2009) von New York, West Virginia und Michigan zeigen sehr deutlich das die durchschnittliche Nestverwandtschaft mit zunehmender populationsdichte sehr stark abnimmt (noch nicht publiziert). Im MI lag
die Verwandschaft bei ca r=0.2. –
Merkur: Chalepoxenus sowie Myrmoxenus und ihre (europäischen) Sklaven nisten bevorzugt in Felsspalten, sehr dauerhaft! Auch Fallholz besteht oft über mehrere Jahre. Habe das mal im Garten verfolgt, bis gegen 15 (!) Jahre (Buschinger 1996:Totholz hat ein langes Leben! – Ameisenschutz aktuell 10, 71-74). Eicheln zerfallen allerdings innerhalb von 2-3 Jahren, werden aber fast alljährlich durch neue, daneben fallende ersetzt. Auch Hickory nuts (beliebte Nistgelegenheit in USA) dürften sehr "langlebig" sein.
Didinium: Zitat von Merkur::“ Wenn, wie Sie selbst beschreiben, in einem Jahr sehr viele Jungköniginnen von P. americanus erfolgreich Kolonien gründen, dürften die jungen Völker in den folgenden 2-3 Jahren um Wirtsvölker konkurrieren und aus diesem Grund schon mal weniger Sklaven bekommen, also klein bleiben. Wenn einzelne Völker (mit „Glück“) in einer Umgebung mit vielen Wirtsvölkern entstehen, ergibt sich ein Rückkopplungseffekt: Sie erbeuten viele Sklaven, wachsen stärker, dehnen ihr „Einzugsgebiet“ weiter aus, reduzieren damit aber auch die Chancen für die Ansiedlung bzw. das Heranwachsen neuer, kleiner Völker. – Das Ganze ist von einer m. E. kaum quantifizierbaren Dynamik bestimmt.“
Viele dieser „erfolgreichen“ Gründungen endeten mit keiner oder einer handvollPuppen . Das Überleben dieser Gründungen scheint mir sehr unwahrscheinlich. Dh liegt die tatsachliche Dichte von P.americanus sicher niedriger als nach dem Gründungsevent. Die Parasitisierungsrate in NY liegt zwischen 1 auf 10 Wirtsnestern bis zu 1 in 30. Je nach Subhabitat. Ich bin der Überzeugung dass es in NY selten oder nie zur Konkurrenz um Wirte kommt da es sich um ein sehr dynamisches System handelt (mit vielen Umzügen pro Jahr). Lokale Konkurrenz wurde sich durch eine lokale niedrigere Wirts dichte um Parasitennestern manifestieren aber ich habe solche Schwankungen nicht gefunden. Ich glaube also nicht das Konkurrenz die niedrige P.americanus Arbeiterinnen Anzahl erklären kann. Sondern freie Nistgelegenheiten sehr schnell besiedelt werden. –
Merkur: Glauben heiĂźt nicht wissen, in der Wissenschaft!
Didinium: Zitat von Merkur: „Larven überstehen Futtermangel relativ leicht, indem sie das Wachstum einstellen und evtl. im nächsten Jahr weiter wachsen. Sie „genießen“ wohl auch einen „internationalen“ Schutz als Brutstadien, die man ja bekanntlich leicht zwischen Völkern verschiedener Arten austauschen kann. Wenn Puppen irgendwie geschädigt werden (z.B. unpassende Temperatur), gehen sie ein und werden entsorgt, oder auch gefressen.“.
DieseLarven haben sich allerdings zu Puppen weiter entwickelt (ca. 95%). Es wurden alle Brutstadien (Eier ausgeschlossen) über den gesamten Entwicklungszeitraum (täglich) gezahlt. Ich glaube dh. Das Futtermangel nicht der Grund für die Puppenmortalität darstellt. Aber gut ganz ausschließen kann man es natürlich nie. –
Merkur: Das wusste ich nicht. Mein Verdacht geht hier allerdings eher in Richtung einer fĂĽr diePuppen zu niedrigen Temperatur.
Didinium: Ja es ist schade, dass es keine allgemeinen Richtlinien gibt an die sich Forscher halten. Aber jedes Labor entwickelt seine eigenen Traditionen. Aber zu mindest der Methoden Teil sollte so gestaltet sein das die versuche wiederholbar sind (eigentlich Sinn und Zweck dieses Teils…). –
Merkur: Wenn die einschlägigen Publikationen schon mal gar nicht gelesen werden, weil sie nicht online sind…. Im Falle Ihrer AG sollte es eigentlich eine direkte Tradition geben: Bu – Heinze - Ihre Betreuerin . Außerdem hat wohl jeder Wissenschaftler eine Sonderdrucksammlung, und was fehlt, kann man sich über die Uni-Bibliothek beschaffen (heute oft auch als PDF, früher als Xerokopie). Meine Sammlung von zuletzt ca. 7.500 papers stand meinen Kandidaten frei zur Verfügung.
Was offiziell publiziert ist, existiert nun mal. Wer einschlägige Literatur nicht kennt, gibt sich bedenkliche Blößen!
Didinium: Das fuhrt allerdings zu einem weitern Problem versuche werde nicht mehr wiederholt. Solche Projekte sind „Zeitverschwendung“ weil sie nicht publizierbar sind. In einer Wissenschaftskultur die nach „wirtschaftlichen“ Richtlinien organisiert ist keine Zeit für Redundanz und zusätzliche Kontrolle. Schneller, höher weiter ist das Motto. Eine Entwicklung die mir sehr zuwider läuft. Aber wenn ich in der Wissenschaft bleiben will habe ich zu publizieren und das möglichst „gut“ in high impact journals. Es ist keine Zeit mehr zum Nachdenken wenn es zu lange dauert. globale Konkurrenz ist das Motto der Stunde. –
Merkur: Damit bestätigen Sie haargenau den Eindruck, den ich zunehmend gewinne. Nur: MUSS man sich dem anschließen? M. E. machen sich die Forscher damit selbst unglaubwürdig und letztlich überflüssig. – Ich habe hier im Forum *) bereits wiederholt auf Presseberichte verwiesen, die von Nicht-Wissenschaftlern nur zu gerne für bare Münze genommen werden, in Wirklichkeit aber als Schaumschlägerei zu bewerten sind. Traurig, und dem Ansehen von Forschung und Forschern äußerst abträglich, da das in den Grenzbereich zur Scharlatanerie führt. Leider in anderen Bereichen (Medizin! Pharmaforschung usw.) inzwischen so häufig, dass man als evtl. „Endverbraucher“ (Patient) völlig verunsichert ist.
*) In diesem Forum leicht zu finden: http://www.ameisenforum.de/neues-aus-medien-wissenschaft/
Didinium: Uff diese Antwort ist lange ausgefallen.
@Cateena es tut mir sehr leid aber ich verfalle zu schnell in den Wissenschaftsjargon. Ich ertappe mich oft dabei unnötig kompliziert zu schreiben und versuche es zu vermeiden.
Merkur: Siehe oben. Bleibt mir nur, ebenfalls mein MfG anzuhängen,
und mich bei den Diskussionsteilnehmern zu bedanken, sowie bei allen, die uns bis hierher gefolgt sind!
Ja, die Diskussion wird allmählich sehr lang, und sie geht in Bereiche, denen der normale Ameisenhalter kaum noch zu folgen vermag. An sich wäre das besser in einem Wissenschaftler-Forum aufgehoben, so wie das Forum SuperOrganism:
http://formicidae.darkbb.com/
Aber das ist leider nie so richtig aus den Kinderschuhen gekommen. Die noch im Dienst befindlichen Wissenschaftler haben wohl zu wenig Zeit, was ich nur zu gut verstehen kann.
So werde ich die Diskussion hier nun auch allmählich beenden und mich weiterhin mit didinium vielleicht eher per PN oder e-mail unterhalten. Ich hoffe, dass wenigstens ein paar der User hier unsere Debatte mit einigem Gewinn an Erkenntnis mitlesen konnten. Verglichen mit dem Ausgangspunkt im Startpost, http://idw-online.de/de/news497057 , und vor allem dem Zeitungsartikel in Post # 3 http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ameisen-an-die-waffen-schwestern.0cc46cd5-0f43-443a-931a-ef859c1fb917.html ist das Bild wohl doch etwas differenzierter geworden.
Nun also nochmals eine Antwort auf didiniums Post (# 18, von gestern). Um das Verfolgen der Argumentation zu erleichtern, schreibe ich meine Kommentare direkt in eine Kopie dieses Posts, hervorgehoben durch Fettschrift.
Los geht’s:
Didinium: Hallo Merkur,
Zitat von Merkur: “Richtig, das hatte ich inzwischen vergessen. Es ist allerdings einer der Fälle, wo bei mir doch Restzweifel bleiben..“
Ja ich muss zugeben das sich T. duloticus und T. pilla. Wirklich sehr ähnlich sehen. Im Feld haben wir auch erst gedacht das es T. duloticus ist. Was aber gegen einen gemeinsamen Ursprung von T.duloticus und T. pilla spricht ist das, meines Wissens nach, T. pilla noch nie mit T.curvispinosus gefunden wurde sondern scheinbar ausschließlich mit T. longispinosus und T. ambiguus. –
Merkur: Wirtsartwechsel sind gerade bei Duloten wohl nicht selten, cf. Buschinger, A. (1990) Sympatric speciation and radiative evolution of socially parasitic ants - Heretic hypotheses and their factual background. Z. zool. Syst. Evolut.-forsch. 28, 241-260. Online: http://www.antwiki.org/Ant_Wiki/images/5/52/Buschinger_1990b.pdf (Taxonomie auf Stand von 1990!)
Buschinger, A. (2009): Social parasitism among ants: a review. (
Didinium: Zitat von Merkur: „Vorsicht! Das ist mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Artefakt, der auch bei anderen Untersuchern und anderen Arten bereits aufgetreten ist.“
Die Publikationen von Kutter waren mir nicht bekannt.
Ich bin mir nicht sicher ob es sich dabei um Artefakte handelt. –
Merkur: Ansichtssache. Ich schlieĂźe auf ein Artefakt aufgrund meiner Erfahrungen und der genannten Literaturangaben.
Didinium: Die 50 x 50 Arenen (Hypotenuse = ca 70 cm) entspricht meiner Meinung nach recht genau den durchschnittlichen Distanzen zwischen Nestern. Siehe unten: -
Merkur: Habe bewusst nicht die Diagonale angegeben, da die Nester (eine Art Reagenzgläser) mit der Öffnung Richtung Mitte lagen. Abstand der Öffnungen ca. 50 cm. Siehe Bild in der zitierten Publikation. (Die Ins. Soc. sollten Sie ja im Institut oder zumindest in der Uni-Bibliothek haben).
Didinium: Basierend auf meinen Kartierungsdaten ist ein Abstand von ca. 120 cm zwischen den Kolonien als zu weit zu betrachten. In Michigan haben wir 2011 in einer gemischten Population (T.ambiguus/ T.longispinosus) eine durchschnittlichen Nestdichte von 80 Kolonien auf 18 m2 (4.4 kolonien / m2) ermittelt. In NY liegt dich Dichte von T.longispinosus bei ca. 1 Kolonie/m2. Wenn man diese Fläche als Kreis betrachtet sollte der durchschnittliche Abstand (Radius) zwischen 2 Kolonien ca 50cm in NY und 0.27cm in MI betragen. Ein Abstand von 120 cm wurde einer dichte von 0.22 Kolonien/m2 entsprechen das erscheint mir sehr niedrig. Allerdings habe ich nur die Daten aus den USA im Kopf. Allerdings muss ich sagen die T.nylanderi Population in Sommerhausen hatte ähnliche hohe dichten. –
Merkur: Ich schrieb ja „bis zu 120 cm“. Bezieht sich auf schnell und weit laufende Arten wie Chalepoxenus. Auch waren die Nester nicht an den entferntesten Seiten der Abteile, sondern jeweils etwa mittig; Abstand daher etwa die Hälfte. Sklaven von Harpagoxenus sublaevis laufen mindestens bis 5 m vom Nest weg (Buschinger 1983: Sexual behaviour and slave raiding of the dulotic ant, Harpagoxenus sublaevis (Nyl.) under field conditions (Hym., Formicidae). Ins. Soc. 30, 235-240).
Didinium: Ich sehe das Argument hinter der Eingewöhnungsphase, allerdings finde ich die Abgrenzung eher problematisch da es meiner Meinung nach die Ausdehnung der „Kolonie Einflusssphäre“ (ich spreche bewusst nicht von einem Territorium in meinem Verständnis ist dieser Begriff fur Gattungen wie Oecophylla bestimmt) künstlich einengt und nicht der Gebietsetablierung unter natürlichen Bedingungen entspricht (Konkurrenzausschluss). Aber gut im Labor muss immer ein Kompromiss gefunden werden. –
Merkur: Für wichtig halte ich, dass die Tiere die Nestumgebung „kennen“ und von anderen Geländeteilen unterscheiden können, die von Nachbarvölkern belaufen werden. Von Dobrzanski gibt es eine Arbeit zum Thema, Versetzung von Ästchen mit Lept. acervorum. Beobachtung: Fremde Arbeiterinnen werden ergriffen und bis zu 1 m weg vom eigenen Nest dann unverletzt wieder freigelassen. Dobrzanski, J. (1966): Contribution to the ethology of Leptothorax acervorum (Hym…: Formic…) Acta Biol. Exper. (Warsaw) 26, 71-78. – Sehr zu empfehlen.
Didinium: Zitat von Merkur: Das Ganze basiert auf der Überlegung, dass im Freiland kaum zwei größere Völker so nahe beieinander siedeln, dass es zu einer Verschmelzung kommen kann. Schließlich hätten sie über Jahre nebeneinander heranwachsen müssen, ohne sich in die Quere zu kommen.“
Ich bin mir nicht sicher ob das eine richtige Annahme ist. Die Arbeiten von Franks zum Umzugsverhalten von T. albipennis zeigt deutlich das Kolonien sehr schnell und auch weit umziehen können. Es ist also möglich das große Kolonien über Nacht sehr große Nachbarn in unmittelbarer Umgebung haben können und nicht nebeneinander wachsen müssen. –
Merkur: Aber ist das so häufig, dass es irgendeine Relevanz für die Evolution eines spezifischen, alternativen „Raubzugsverhaltens“ haben kann? -
Didinium: http://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de/ ... nts_01.pdf –
Merkur: Danke, kenne ich.
Didinium: Ich glaube das diese permanente Bewegung (Umzug) ein Charakteristikum von Allen Laubstreu nistenden arten ist (verrottendes Nestmaterial) und das dies ein Grund fĂĽr Das vermischen von Kolonien ist. Meine Kartierungsdaten (2009) von New York, West Virginia und Michigan zeigen sehr deutlich das die durchschnittliche Nestverwandtschaft mit zunehmender populationsdichte sehr stark abnimmt (noch nicht publiziert). Im MI lag
die Verwandschaft bei ca r=0.2. –
Merkur: Chalepoxenus sowie Myrmoxenus und ihre (europäischen) Sklaven nisten bevorzugt in Felsspalten, sehr dauerhaft! Auch Fallholz besteht oft über mehrere Jahre. Habe das mal im Garten verfolgt, bis gegen 15 (!) Jahre (Buschinger 1996:Totholz hat ein langes Leben! – Ameisenschutz aktuell 10, 71-74). Eicheln zerfallen allerdings innerhalb von 2-3 Jahren, werden aber fast alljährlich durch neue, daneben fallende ersetzt. Auch Hickory nuts (beliebte Nistgelegenheit in USA) dürften sehr "langlebig" sein.
Didinium: Zitat von Merkur::“ Wenn, wie Sie selbst beschreiben, in einem Jahr sehr viele Jungköniginnen von P. americanus erfolgreich Kolonien gründen, dürften die jungen Völker in den folgenden 2-3 Jahren um Wirtsvölker konkurrieren und aus diesem Grund schon mal weniger Sklaven bekommen, also klein bleiben. Wenn einzelne Völker (mit „Glück“) in einer Umgebung mit vielen Wirtsvölkern entstehen, ergibt sich ein Rückkopplungseffekt: Sie erbeuten viele Sklaven, wachsen stärker, dehnen ihr „Einzugsgebiet“ weiter aus, reduzieren damit aber auch die Chancen für die Ansiedlung bzw. das Heranwachsen neuer, kleiner Völker. – Das Ganze ist von einer m. E. kaum quantifizierbaren Dynamik bestimmt.“
Viele dieser „erfolgreichen“ Gründungen endeten mit keiner oder einer handvoll
Merkur: Glauben heiĂźt nicht wissen, in der Wissenschaft!
Didinium: Zitat von Merkur: „
Diese
Merkur: Das wusste ich nicht. Mein Verdacht geht hier allerdings eher in Richtung einer fĂĽr die
Didinium: Ja es ist schade, dass es keine allgemeinen Richtlinien gibt an die sich Forscher halten. Aber jedes Labor entwickelt seine eigenen Traditionen. Aber zu mindest der Methoden Teil sollte so gestaltet sein das die versuche wiederholbar sind (eigentlich Sinn und Zweck dieses Teils…). –
Merkur: Wenn die einschlägigen Publikationen schon mal gar nicht gelesen werden, weil sie nicht online sind…. Im Falle Ihrer AG sollte es eigentlich eine direkte Tradition geben: Bu – Heinze - Ihre Betreuerin . Außerdem hat wohl jeder Wissenschaftler eine Sonderdrucksammlung, und was fehlt, kann man sich über die Uni-Bibliothek beschaffen (heute oft auch als PDF, früher als Xerokopie). Meine Sammlung von zuletzt ca. 7.500 papers stand meinen Kandidaten frei zur Verfügung.
Was offiziell publiziert ist, existiert nun mal. Wer einschlägige Literatur nicht kennt, gibt sich bedenkliche Blößen!
Didinium: Das fuhrt allerdings zu einem weitern Problem versuche werde nicht mehr wiederholt. Solche Projekte sind „Zeitverschwendung“ weil sie nicht publizierbar sind. In einer Wissenschaftskultur die nach „wirtschaftlichen“ Richtlinien organisiert ist keine Zeit für Redundanz und zusätzliche Kontrolle. Schneller, höher weiter ist das Motto. Eine Entwicklung die mir sehr zuwider läuft. Aber wenn ich in der Wissenschaft bleiben will habe ich zu publizieren und das möglichst „gut“ in high impact journals. Es ist keine Zeit mehr zum Nachdenken wenn es zu lange dauert. globale Konkurrenz ist das Motto der Stunde. –
Merkur: Damit bestätigen Sie haargenau den Eindruck, den ich zunehmend gewinne. Nur: MUSS man sich dem anschließen? M. E. machen sich die Forscher damit selbst unglaubwürdig und letztlich überflüssig. – Ich habe hier im Forum *) bereits wiederholt auf Presseberichte verwiesen, die von Nicht-Wissenschaftlern nur zu gerne für bare Münze genommen werden, in Wirklichkeit aber als Schaumschlägerei zu bewerten sind. Traurig, und dem Ansehen von Forschung und Forschern äußerst abträglich, da das in den Grenzbereich zur Scharlatanerie führt. Leider in anderen Bereichen (Medizin! Pharmaforschung usw.) inzwischen so häufig, dass man als evtl. „Endverbraucher“ (Patient) völlig verunsichert ist.
*) In diesem Forum leicht zu finden: http://www.ameisenforum.de/neues-aus-medien-wissenschaft/
Didinium: Uff diese Antwort ist lange ausgefallen.
@Cateena es tut mir sehr leid aber ich verfalle zu schnell in den Wissenschaftsjargon. Ich ertappe mich oft dabei unnötig kompliziert zu schreiben und versuche es zu vermeiden.
Merkur: Siehe oben. Bleibt mir nur, ebenfalls mein MfG anzuhängen,
und mich bei den Diskussionsteilnehmern zu bedanken, sowie bei allen, die uns bis hierher gefolgt sind!
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#20 AW: Sklavenrebellion
Ich hoffe das ist nicht falsch rüber gekommen, mein Beitrag war nicht als Kritik gemeint. Hab nur kurz erklären wollen warum ich nur still mitlese und mich für die Ausführungen bedankt die ich in solch komplexer Form vorher noch nicht gesammelt gefunden habe. Gerade auch weil vieles auf englisch verfasst ist im Netz, trotz der Tatsache das mein englisch ganz ok ist, reicht es halt nicht für wissenschaftliche Abhandlungen denen ich auf deutsch kaum folgen könnte. Ich hoffe auch in Zukunft noch viele informative Beiträge lesen zu können, die den wissenschaftlichen Teil eines Themas aufzeigen und helfen, Ameisen besser zu verstehen und dadurch auch besser auf ihre Bedürfnisse einzugehen.
Interpunktion und Orthographie dieses Beitrags sind frei erfunden.
Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt!
Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt!
#21 AW: Sklavenrebellion
Hallo Merkur,
Ich wollte mich auf diesem weg noch einmal fuer die gegen ende doch recht ausschweifende Diskussion bedanken.
@Cateena es ist schoen zu sehen das Interesse an solchen, doch recht exotischen Themen besteht.
MFG didinium
Ich wollte mich auf diesem weg noch einmal fuer die gegen ende doch recht ausschweifende Diskussion bedanken.
@Cateena es ist schoen zu sehen das Interesse an solchen, doch recht exotischen Themen besteht.
MFG didinium
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#22 AW: Sklavenrebellion
Persönliches:
Auch von mir vielen Dank an die beiden Experten. Genau solch detailierte Diskussionen bringen einen doch weiter als Wissenschaftler, so dass man seine Resultate gründlich interpretieren und diskutieren kann. Leider spielen publizierte Diskussion in der heutigen Wissenschaftskultur eine immer geringere Rolle. Ich sehe es äußerst selten, dass in wissenschaftlichen Artikeln oder reviews andere Studien ausführlich diskutiert werden. Manchmal findet man comments, die Reste der Diskussionkultur der Wissenschaft.
Ich möchte aber gerne auch noch einige persönliche Kommentare zu unserer heutigen Wissenschaftskultur abgeben. Ich kann dir Tobi (didinium) da wirklich nur zustimmen. Als junger Wissenschaftler steht man unter enormen Publikationsdruck. Veröffentlicht man nicht in high ranked Zeitschrichten wird man sich zwangsläufig einen anderen Beruf suchen müssen, da man keine Stipendien mehr eintreiben kann. Dieses System ist ganz sicherlich nicht förderlich, wenn es um die Qualität der Publikationen geht. Eingehende Recherchen und Diskussion sind das Entscheidende, um unsere Erkenntnisse der Natur zu vertiefen. Diese nehmen allerdings viel Zeit in Anspruch. Die Quientessenz ist also, möglichst ökonomisch zu arbeiten, d.h. gute Qualität in kurzer Zeit. Die optimale Qualität wird so sicherlich nicht erreicht. Mich nervt dieses ganze System ebenso wie Tobi und wahrscheinlich den Großteil unsere Generation. Ich habe eine Frau und einen Sohn, bin 32 Jahre, verdiene nicht viel Geld, krebse von einem Zeitvertrag zum nächsten, ziehe von einer Stadt in die nächste, mit der Angst früher oder später aus der Wissenschaft zu fliegen, v.a. da es in der deutschen Universitätskultur keinen Mittelbau mehr gibt. Mal etwas überspitzt: Werde Prof oder sitze mit 40 auf der Straße. Also arbeite viel und effekiv und publiziere was das Zeug hält. Die Qualität und selbstverständlich der Wahrheitsgehalt sind weiterhin entscheidende Faktoren, das wird durch den review Prozess durch fachnahe Wissenschaftler garantiert (wobei Falschaussagen sicherlich nicht immer leicht aufzudecken sind), aber optimale Qualität benötigt viel Zeit, welche einfach nicht vorhanden ist. Das Interesse an der Biologie und die Suche nach den zugrundeliegenden Mechanismen der Biologie sind die Gründe weshalb ich und sicherlich viele andere diesen Beruf ausüben. Ich liebe meinen Job als Wissenschaftler, auch wenn die Rahmenbedinungen momentan mehr als miserable sind (wobei Wissenschaftler da natürlich nicht die einzigen in D sind die ausgebeutet werden). Allein das ist wohl der Grund, warum sich so viele junge Wissenschaftler den Universitäten noch treu bleiben.
Das System krankt an allen Ecken und Enden. Ich habe bsp. mitbekommen, dass in einer Berufungskomission für einen Lehrstuhl (Professur) nur über den H-Faktor der Bewerber diskutiert wurde (ein Faktor, welche die Anzahl der Publikationen und wie oft diese Publikationen zitiert wurden berücksichtigt). D.h. der Großteil der Komissionsmitglieder hat vermutlich nicht eine Veröffentlichungen der Kandidaten gelesen. Wie soll da gute Qualität gesichert werden....
Auch von mir vielen Dank an die beiden Experten. Genau solch detailierte Diskussionen bringen einen doch weiter als Wissenschaftler, so dass man seine Resultate gründlich interpretieren und diskutieren kann. Leider spielen publizierte Diskussion in der heutigen Wissenschaftskultur eine immer geringere Rolle. Ich sehe es äußerst selten, dass in wissenschaftlichen Artikeln oder reviews andere Studien ausführlich diskutiert werden. Manchmal findet man comments, die Reste der Diskussionkultur der Wissenschaft.
Ich möchte aber gerne auch noch einige persönliche Kommentare zu unserer heutigen Wissenschaftskultur abgeben. Ich kann dir Tobi (didinium) da wirklich nur zustimmen. Als junger Wissenschaftler steht man unter enormen Publikationsdruck. Veröffentlicht man nicht in high ranked Zeitschrichten wird man sich zwangsläufig einen anderen Beruf suchen müssen, da man keine Stipendien mehr eintreiben kann. Dieses System ist ganz sicherlich nicht förderlich, wenn es um die Qualität der Publikationen geht. Eingehende Recherchen und Diskussion sind das Entscheidende, um unsere Erkenntnisse der Natur zu vertiefen. Diese nehmen allerdings viel Zeit in Anspruch. Die Quientessenz ist also, möglichst ökonomisch zu arbeiten, d.h. gute Qualität in kurzer Zeit. Die optimale Qualität wird so sicherlich nicht erreicht. Mich nervt dieses ganze System ebenso wie Tobi und wahrscheinlich den Großteil unsere Generation. Ich habe eine Frau und einen Sohn, bin 32 Jahre, verdiene nicht viel Geld, krebse von einem Zeitvertrag zum nächsten, ziehe von einer Stadt in die nächste, mit der Angst früher oder später aus der Wissenschaft zu fliegen, v.a. da es in der deutschen Universitätskultur keinen Mittelbau mehr gibt. Mal etwas überspitzt: Werde Prof oder sitze mit 40 auf der Straße. Also arbeite viel und effekiv und publiziere was das Zeug hält. Die Qualität und selbstverständlich der Wahrheitsgehalt sind weiterhin entscheidende Faktoren, das wird durch den review Prozess durch fachnahe Wissenschaftler garantiert (wobei Falschaussagen sicherlich nicht immer leicht aufzudecken sind), aber optimale Qualität benötigt viel Zeit, welche einfach nicht vorhanden ist. Das Interesse an der Biologie und die Suche nach den zugrundeliegenden Mechanismen der Biologie sind die Gründe weshalb ich und sicherlich viele andere diesen Beruf ausüben. Ich liebe meinen Job als Wissenschaftler, auch wenn die Rahmenbedinungen momentan mehr als miserable sind (wobei Wissenschaftler da natürlich nicht die einzigen in D sind die ausgebeutet werden). Allein das ist wohl der Grund, warum sich so viele junge Wissenschaftler den Universitäten noch treu bleiben.
Das System krankt an allen Ecken und Enden. Ich habe bsp. mitbekommen, dass in einer Berufungskomission für einen Lehrstuhl (Professur) nur über den H-Faktor der Bewerber diskutiert wurde (ein Faktor, welche die Anzahl der Publikationen und wie oft diese Publikationen zitiert wurden berücksichtigt). D.h. der Großteil der Komissionsmitglieder hat vermutlich nicht eine Veröffentlichungen der Kandidaten gelesen. Wie soll da gute Qualität gesichert werden....
- Streaker87
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#23 AW: Sklavenrebellion
Die Entwicklung des Threads hat mir sehr gut gefallen.
Ich habe die Diskussion gerne mit verfolgt und auch fĂĽr mich meinen Teil daraus gezogen - Merkur sei Dank, und seinen Diskussionspartnern natĂĽrlich!
So etwas wĂĽnsche ich mir bei den anderen Themen im Bereich Neues aus Medien & Wissenschaft eigentlich auch.
Aber i.d.R. bleiben die wirklich wissenschaftlichen Themen, z.B. die Vorstellung von Papern, unkommentiert.
In erster Linie schreckt die englische Schrift ab, das liest man immer wieder, speziell von der Jugend. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Experimente und Grafiken, die beschrieben werden, auf Laien anfangs sehr realitätsfremd wirken.
Ergänzend zu cvb möchte ich noch schreiben, dass neben den erstklassigen Veröffentlichungen auch Alter und Auslandserfahrung eine Rolle spielen können. Als Doktorand über 30 und nur in Deutschland - besser noch, immer an derselben Uni - ansässig gewesen, wird gar nicht gerne gesehen.
Ich persönlich stand sehr gerne im Labor, aber unter diesen Umständen... Ich werde es im kleinen Rahmen, sozusagen als Hobby, fortführen. Wer die "Bewegung" nicht kennt: http://diybio.org/ ("Do It Yourself". Ieh, schon wieder Englisch... )
Ich habe die Diskussion gerne mit verfolgt und auch fĂĽr mich meinen Teil daraus gezogen - Merkur sei Dank, und seinen Diskussionspartnern natĂĽrlich!
So etwas wĂĽnsche ich mir bei den anderen Themen im Bereich Neues aus Medien & Wissenschaft eigentlich auch.
Aber i.d.R. bleiben die wirklich wissenschaftlichen Themen, z.B. die Vorstellung von Papern, unkommentiert.
In erster Linie schreckt die englische Schrift ab, das liest man immer wieder, speziell von der Jugend. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Experimente und Grafiken, die beschrieben werden, auf Laien anfangs sehr realitätsfremd wirken.
Ergänzend zu cvb möchte ich noch schreiben, dass neben den erstklassigen Veröffentlichungen auch Alter und Auslandserfahrung eine Rolle spielen können. Als Doktorand über 30 und nur in Deutschland - besser noch, immer an derselben Uni - ansässig gewesen, wird gar nicht gerne gesehen.
Ich persönlich stand sehr gerne im Labor, aber unter diesen Umständen... Ich werde es im kleinen Rahmen, sozusagen als Hobby, fortführen. Wer die "Bewegung" nicht kennt: http://diybio.org/ ("Do It Yourself". Ieh, schon wieder Englisch... )