Moin moin,
Ich war aber in der Tat in dem Glauben, dass Ameisen ein abgedunkeltes Nest wenigstens bevorzugen.
Der Ansicht bin ich teilweise auch. Ich glaube schon, dass ein Großteil der Ameisen durchaus bei ansonsten exakt gleichen Bedingungen das dunkle Nest bevorzugen. Ich verweise aber noch einmal auf meine Aussage: "brauchen (im Sinne von: es ist
notwendig für sie, damit sie überleben)"
Nach meinen Beobachtungen mit diversen Ameisen ist es aber durchaus so, dass ich zum einen viele Ameisen ohne Abdunkelung sehr erfolgreich in Kunstnestern halte (etwa: Messor minor hesperius, die Kolonie wächst wunderbar und zieht Junggynen auf) oder dass die Ameisen, die die Wahl haben, auch die unabgedunkelten Bereiche nutzen. (etwa: Odontoponera, die ein abgedunkeltes und ein helles RG haben und im hellen RG hocken. Meine Vermutung ist, dass dort die Temperatur besser passt). Sogar dann, wenn die Bedingungen ziemlich gleich sein müssten, leben die Ameisen offenbar auch freiwillig im Hellen. Das kann ich sehr gut bei meinen P. pieli beobachten. Sie haben ein großes Erdnest und obwohl es sehr kleine Ameisen sind, haben sie schon sehr früh angefangen, an der Scheibe Gänge und sogar Kammern, in denen zum einen oft
Brut gelagert wird und sich regelmäßig Gynen aufhalten, anzulegen.
Würde man davon ausgehen, dass die Dunkelheit absolut notwendig wäre, damit die Ameisen überleben, wären alle drei Kolonien nicht überlebensfähig. Die Praxis sieht anders aus, die Messor und die Pheidole habe ich auch schon eine ganze Weile.
Aber dennoch frage ich mich wieso so viele falsche Informationen verbreiten und wo diese herkommen.
Ich kann mir vorstellen, dass das darauf beruht, dass die Aussage, dass Ameisen Dunkelheit brauchen zunächst sehr logisch klingt. Ameisen leben in der Natur unter der Erde. Und da ist es eben dunkel. Eine solche Aussage schreibt man dann schnell ungeprüft ab, bzw. übernimmst sie. Dazu kommt, dass eine Überprüfung, ob Ameisen die Dunkelheit wirklich brauchen, sicherlich sehr schwierig ist und auch aus meinen oben genannten Aussagen lässt sich kein wissenschaftlicher Schluss ziehen, den man irgendwo publizieren könnte. Ich würde die Schlussfolgerung auch nicht ohne weiteres auf
alle Arten beziehen, aber eben auf sehr viele. Pauschalierungen sind hier, wie so oft im Leben, nicht sonderlich weiterführend. Darüber hinaus ist die Myrmekologie auch ein wissenschaftliches Randgebiet, in dem die Kapazitäten sehr begrenzt sind.
Warum solche Informationen sich immer noch in den Foren der Ameisenhalter, von denen sicher ein bedeutender Teil seine Ameisen zumindest teilweise nicht in Dunkelheit hält bzw. sehr ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Ich glaube, das liegt daran, dass in - mittlerweile grauer Urzeit - gewisse Meinungskartells um gewisse Persönchen dafür gesorgt haben, dass andere Meinungen und Beobachtungen sich nicht entfalten konnten. Aber wie Erne richtig anmerkte, sind die Zeiten vorbei.
Im Ergebnis kannst du natürlich deine Ameisen gerne abgedunkelt halten, das schadet den Tieren sicherlich nicht. Allerdings macht man es sich damit doch auch selbst unnötig schwer und stresst die Tiere zusätzlich, wenn man immer wieder die Abdeckung zum Nachschauen abnimmt. Als Halter kann man nur versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund der gesammelten Erfahrung Tipps für den Einstieg zu geben, damit die Haltung zum einen gelingt und zum anderen auch Spaß macht.