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von erix » 12. April 2007, 20:47
Es gibt eine berĂŒhmte SchĂ€tzung eines Gelehrten, dass auf englischen Weiden das Gewicht der Spinnentiere grösser ist als das des darauf weidenden Viehs. Es ist gut möglich, dass ohne die Spinnen die Insekten derart ĂŒbermĂ€chtig wĂ€ren, dass keine SĂ€ugetiere entstanden wĂ€ren. (Oder dass die Ameisen sich Menschchen in kleinen BehĂ€ltern hielten (grins)).
Ich hatte als Kind GruselgefĂŒhle gegenĂŒber den sehr grossen, schwarzen Hausspinnen im Keller. Aber keine Angst. In meiner Erziehung galt: man tötet keine Spinnen, wenn eine stört wird sie ins Freie gebracht.
An meinem GartenhĂ€uschen (mit vielen Spinnweben) hĂ€ngt ein eingerahmtes Gedicht von Gottfried Keller (1819-1890, Dichter und Staatsschreiber im damals revolutionĂ€ren ZĂŒrich):
Friede der Kreatur
Spinnen waren mir auch zuwider
All meine jungen Jahre,
Liessen sich von der Decke nieder
In die Scheitelhaare,
Sassen verdÀchtig in den Ecken
Oder rannten, mich zu schrecken,
Ăber Tischgefild und HĂ€nde,
Und das Töten nahm kein Ende.
Erst als schon die Haare grauten,
Begann ich sie zu schonen,
Mit den ruhiger Angeschauten
BrĂŒderlich zu wohnen;
Jetzt mit ihren kleinen Sorgen
Halten sie sich still geborgen,
LĂ€sst sich einmal eine sehen,
Lassen wir uns weislich gehen.
HĂ€tt ich nun ein Kind, ein kleines,
In vÀterlichen Ehren,
Recht ein liebliches und feines,
WĂŒrd ich’s mutig lehren,
Spinnen mit dem HĂ€ndchen fassen
Und sie freundlich zu entlassen;
FrĂŒher lernt‘ es Friede halten,
Als es mir gelang, dem Alten!
Gottfried Keller
Auf eine Wendung wie "Jetzt mit ihren kleinen Sorgen..." kann nur ein wirklich grosser Geist kommen. Wer das Gedicht auswendig lernt und durchdenkt, wird vielleicht von der "Arachnophobie" geheilt.
Guten Erfolg wĂŒnscht erix